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Peter Hartz Peter Hartz: Tiefpunkt einer Karriere

Von Eva Tasche 12.01.2007, 07:25
Peter Hartz (64) war bis Juli 2005 Personalvorstand bei Volkswagen. (Archivfoto: dpa)
Peter Hartz (64) war bis Juli 2005 Personalvorstand bei Volkswagen. (Archivfoto: dpa) Zentralbild

Braunschweig/dpa. - Betriebsräte soll er kräftig geschmiert haben.Der einstige Held der nach ihm benannten Arbeitsmarktreformen, hochgeschätzter Berater von Politik und Wirtschaft und Duzfreund von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder auf der Anklagebank - das dürfte derTiefpunkt im Lebenslauf des 65-jährigen Saarländers sein. Die Plätzeim Gerichtssaal waren schon Wochen vor dem Termin heiß begehrt.

Gut anderthalb Jahre nach Aufdeckung des beispiellosenKorruptionsskandals, der Europas größten Autobauer Volkswagen bis indie Grundfesten erschütterte, beginnt mit dem Prozess gegen Hartzauch die juristische Aufarbeitung der Affäre. Weitere Verfahrenwerden folgen. Um mögliche Bestechung geht es darin, umVergnügungsreisen, Bordellbesuche und Sexpartys auf Firmenkosten auchfür Betriebsräte, die damit angeblich auf Unternehmenslinie gehaltenwerden sollten.

Niemand hätte vermutet, was hinter den Kulissen bei VW abgelaufenist, wie es die 63 Seiten starke Anklageschrift gegen Hartz jetztauflistet. Sechsstellige Summen wechselten dort den Besitzer, als obes gar nichts wäre. Und dabei sind die Schmuddelgeschichten aus demRotlichtmilieu, die im Verlauf der Affäre nach und nach bekanntwurden, noch gar nicht berücksichtigt.

Hartz hat gestanden und die alleinige Verantwortung für dieBegünstigung von Betriebsräten übernommen. Die Staatsanwaltschaftverzichtet deshalb vorerst darauf, Zeugen oder Sachverständige zuvernehmen - auch keine Prostituierten. Verdachtsmomente etwa um einefür Callgirl-Besuche genutzte und von VW bezahlte Wohnung und andereVorwürfe aus diesem Komplex wurden «aus Gründen der Prozessökonomie»fallen gelassen, hatte die Justiz berichtet. Etwaige Strafen deswegenfielen gegenüber der zu erwartenden Gesamtstrafe nicht ins Gewicht.

Nur zwei Verhandlungstage sind terminiert. Bereits am 25. Januarkönnte die Angelegenheit erledigt sein. Hartz' Aussage könnte sichstrafmildernd auswirken. Juristen hielten es für möglich, dass er miteiner Bewährungsstrafe davon kommt. Auf Untreue steht ansonsten biszu fünf Jahren Haft, im besonders schweren Fall bis zu zehn Jahren.

Allein dem Ex-Betriebsratschef Klaus Volkert soll der prominenteTopmanager laut Anklageschrift von 1994 bis 2005 neben seinem Gehaltinsgesamt fast zwei Millionen Euro «Sonderbonuszahlungen»zugeschanzt haben. Auch dessen brasilianische Geliebte ging nichtleer aus. Kontrollmechanismen habe der mächtige Arbeitsdirektorabgeschafft.

Sein Unrechtsbewusstsein dürfte dabei zunächst wohl nur wenigausgeprägt gewesen sein. Hartz jedenfalls argumentierte von Anfangan, er habe sich stets von der Absicht leiten lassen, im Interessedes Unternehmens zu handeln. Und dazu gehörte für ihn eben auch, dasVerhältnis zum Betriebsrat zu pflegen. So hat er laut Anklage seinenMitarbeiter Klaus-Joachim Gebauer 1997 ausdrücklich angewiesen, denBetriebsratsvorsitzenden Volkert «großzügig und wertschätzend» zubehandeln und dabei «nicht kleinlich» zu sein.

Volkert wies kürzlich allerdings den Vorwurf zurück, dieSonderleistungen von VW gefordert zu haben. Hartz habe ihn angerufenund einen Betrag vorgeschlagen, den er stets akzeptiert habe, sagteVolkert. Hartz habe damit sein «besonderes Engagement» bei der Lösungvon Konflikten in den Autowerken honoriert. Volkert war bis Juni 2005Chef des Konzernbetriebsrats. Auch auf ihn wartet wohl ein Prozess.

Tatsächlich ist VW ja lange für eine besonders harmonische und imSinne beider Seiten erfolgreiche Sozialpartnerschaft gelobt worden.Dabei entstanden für die damalige Zeit durchaus innovativeArbeitszeitmodelle, die Massenentlassungen verhinderten und für dieHartz gefeiert wurde. Wie kein Zweiter aus der Riege der Managerstand Hartz für Konsens und einen ganz besonderen Zusammenhalt mitder Arbeitnehmerseite und dem Betriebsrat.

Dass er in seiner Position einen Etat hatte, über den er freiverfügen konnten, dürfte nicht ungewöhnlich sein. Dass er aber überzehn Jahre hinweg nicht auf die Idee gekommen ist, die Zahlungen insolcher Höhe seien vielleicht doch auf die Dauer nicht in Ordnung,ist schwer vorstellbar.

Sein Geständnis und seine hehren Motive könnten Hartz lautStaatsanwaltschaft vor Gericht helfen. Die Geschichten um dieMachenschaften bei VW kommen aber in all ihren Einzelheiten jetztwieder an die Öffentlichkeit - und das in einer Zeit, in der derAutobauer ohnehin vor einem tief greifenden Umbruch steht.