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Papstbesuch in Deutschland Papstbesuch in Deutschland: Überraschend anders, aber ganz bei der Sache

Von Andreas Montag 11.09.2006, 19:04

Halle/MZ. - Was aber macht den deutschen Papst so faszinierend? Oder hat es nur bedingt mit der Person und vielmehr auch mit dem spirituellen Glanz des Amtes zu tun, der plötzlich als Pop-Phänomen erkannt wird? Schon in der letzten Wirkungszeit von Benedikts Vorgänger Johannes Paul II. hatte sich verstärkte Hinwendung gezeigt, in der öffentlich ausgewiesenen Hinfälligkeit des alten Mannes schien die katholische Kirche an Strahlkraft zu gewinnen.

Inwieweit hier das christliche Motiv des Leidens bis an eine Grenze ausgelotet worden ist, wird bei allergrößtem Respekt dem persönlichen Ermessen empfohlen bleiben. Dass aber im zweiten Jahr nach der Wahl des Deutschen Joseph Ratzinger zum Nachfolger des Verstorbenen die Aufmerksamkeitskurve nicht abflachen will, mag ein Indiz dafür sein, dass Glaubensdinge gegen den Trend wieder Interesse bei den Menschen finden. Pop oder nicht, der Heilige Vater kommt an. Umso mehr, als sein bescheidenes Auftreten den Gläubigen Nähe vermittelt. Dabei wendet sich freilich mancher auch erstaunt zurück und will im gütigen Benedikt den alten Kardinal Ratzinger nicht erkennen können, der als Chef der Katholischen Glaubenskongregation fast ein Vierteljahrhundert mit harter Hand die Reinheit der Lehre und des Glaubens schirmte.

Nun ist es aber so, das man auf diesem undankbaren Posten quasi von Amts wegen zur Strenge verpflichtet ist, um die eigenen Linien zu verteidigen. Es ist allerdings durchaus eine Überlegung wert, ob der konservative, manchmal empörend unbeweglich erscheinende Kirchentanker nicht gerade wegen dieser Eigenschaften auch eine verlässliche Größe in einer Welt darstellt, die immer noch undurchschaubarer wird, je transparenter und verbindlicher sich ihre Institutionen gerieren.

Papst Benedikt XVI. sammelt hier mit einfacher Sprache und vertrauten Wahrheiten Punkte für seine Kirche und sich selber, obwohl er keinem nach dem Munde redet: Von einer "Schwerhörigkeit Gott gegenüber" hat er mahnend gesprochen und die Zuhörer applaudieren ihm begeistert dafür.

Es wird das Wunder dieser Konjunktur wohl nicht zuletzt am allgemeinen, manchmal eher diffusen Unbehagen darüber liegen, dass die Menschendinge uns aus dem Händen genommen sind. Rücken einem die Ängste auf den Leib, wird Spiritualität eine Option, um Kraft zu gewinnen. Das will dieser Papst deutlich machen. Deshalb ist es gewiss keine sentimentale Reise, die ihn in seine Heimat führt. Er ist, in aller Heiterkeit, ganz bei der Arbeit. Und bei seinem Glauben. Das sieht man jetzt. Und redet darüber.