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Obamas zweite Amtszeit Obamas zweite Amtszeit: Zweiter Versuch

22.01.2013, 21:15

Seine zweite Amtszeit als US-Präsident hat Barack Obama mit einer hervorragenden Rede begonnen. Im Gegensatz zu vielen seiner Vorgänger, die sich hinter wolkigen Formulierungen versteckten, gab der erste schwarze Präsident der USA vor dem Kapitol in Washington eine Regierungserklärung ab. Er legte einen Plan für die kommenden vier Jahre ab.

Kampf gegen den Klimawandel, Gleichberechtigung für Homosexuelle, ein neues Einwanderungsrecht, schärfere Waffengesetze, ein Ende der kriegerischen Außenpolitik - das sind die Ziele, die Obama erreichen will. Das ist alles richtig, das ist alles gut - und wäre Obama der Regierungschef eines Landes in Mitteleuropa, müsste man an dieser Stelle sagen: Der Mann hat es begriffen, und viele seiner Ideen haben gute Chancen, Wirklichkeit zu werden. Doch Obama ist Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Also muss das vorläufige Urteil leider so lauten: Der Mann hat es begriffen. Aber die Chancen, die schönen Pläne in den nächsten vier Jahren in die Realität umzusetzen, sind vorerst nicht besonders hoch.

Um seine Ideen zu Gesetzen werden zu lassen, braucht Obama die Republikaner im Repräsentantenhaus. Doch in deren Reihen sitzen viele Abgeordnete, deren zentrale Ideologie die Ablehnung der Regierung in Washington ist. Es sind vom Volk gewählte Männer und Frauen, die immun scheinen gegen den Einfluss des gesunden Menschenverstandes. Sie werden jeden einzelnen Vorschlag Obamas als Frontalangriff auf ihre individualistische Grundhaltung wahrnehmen. Klimawandel? Gibt es nicht. Gleiche Rechte für Schwule und Lesben? Ein Verstoß gegen die Gesetze Gottes. Außenpolitik, die nicht auf das Militär setzt? Ein Zeichen von Schwäche. Schärfere Waffengesetze? Ein Bruch der Verfassung.

Obama meint es gut, aber er hat in seiner Antrittsrede nicht erwähnt, wie er dieses Phänomen überwinden will. Wunschdenken mag hilfreich sein und tröstlich, ist aber noch lange keine Politik.

Obama könnte nun auf die Republikaner zugehen und den Ausgleich mit ihnen suchen. Das machte sein Leben leichter, würde aber kein einziges Problem lösen. Die Opfer von Waffengewalt etwa haben nichts von einem Kompromiss. Ein bisschen getötet von einem Amokläufer mit einem halbautomatischen Schnellfeuergewehr in der Hand? Das gibt es eben tatsächlich nicht.

Obama hat das begriffen. In seiner Antrittsrede ließ er erkennen, dass seine zweite Amtszeit nicht mehr von Versuchen geprägt sein wird, den Republikanern die Hand zu reichen, nur damit sie diese ausschlagen. Obama muss auf die Wählerinnen und Wähler hoffen. Denn seit der Niederlage ihres Präsidentschaftsbewerbers Mitt Romney hat sich die Sorge unter den Republikanern noch verstärkt, wegen ihrer seit Jahren betriebenen Blockadepolitik bei den Kongresswahlen im Herbst 2014 abgestraft zu werden. Nur diese Angst kann die Republikaner zu einer Veränderung ihrer Politik zwingen. Der gesunde Menschenverstand von Barack Obama vermag das nicht.

Kontakt zum Autor: Damir Fras