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Netz-Infrastruktur Netz-Infrastruktur: Billig telefonieren auf Mallorca

Von Jakob Schlandt 09.01.2013, 09:20

Berlin/MZ. - Der Grund: Europas Telekommunikationsindustrie ist zersplittert, jedes Land bestellt sein eigenes Gärtchen. Regulierung und technische Abwicklung findet weitgehend innerhalb des jeweiligen Landes statt. Gleichzeitig beschweren sich die Telekommunikationsriesen darüber, dass sie nicht ausreichend in die Zukunft investieren können, weil die Einnahmen zu niedrig sind.

Die EU-Kommission will das nun ändern – am Ende eines langjährigen Prozesses könnte es dann zum Beispiel möglich sein, zum gleichen Tarif nach Madrid wie nach München zu telefonieren. Für die Handynutzung auf Mallorca wäre kein Roaming mehr nötig. In einer Mitteilung des Wettbewerbskommissars Joaquín Almunia hieß es am Dienstag, es sei wünschenswert, wenn ein „echter und einheitlicher europäischer Markt“ entstünde.

Derzeit gibt es zwar Großkonzerne wie die Deutsche Telekom, die spanische Telefónica und die britische Vodafone, die in vielen Ländern aktiv sind. Doch werden die Auslandstöchter national gesteuert. In Europa gibt es etwa 1 200 Festnetzbetreiber und rund 100 verschiedene Mobilfunknetze.

Auslöser von Almunias Vorstoß war ein Bericht der britischen Zeitung Financial Times über ein Treffen in Brüssel am 28. November zwischen Kommission und den Vorstandschefs einiger großer europäischer Konzerne, darunter auch der Deutschen Telekom. Almunia bestätigte, das Thema europäische Netzintegration dort angesprochen zu haben. Laut der Zeitung wurde nach dem Treffen sogar die Idee entwickelt, eine gemeinsame Telekom-Infrastruktur namens Newco zu schaffen. Darin sollen sich Netze zusammenschließen und auch die damit verbundenen Schulden einbringen. Wer zu Newco beiträgt, wird dafür entschädigt.

Almunia ruderte allerdings gleichzeitig ein wenig zurück. „Jeder Plan, Infrastruktur zusammenzulegen oder Netze zu teilen, würde nur auf Initiative der Unternehmen stattfinden und geht nicht von der Kommission aus“, sagte sein Sprecher. Zudem müssten sie wettbewerbsrechtlich überprüft werden.

Die Aussichten auf engere Kooperation in Europa gefällt den Investoren: Die Aktienkurse von Telekom-Unternehmen stiegen am Dienstag deutlich. Auch politische Gründe sprechen für ein paneuropäisches Netz. In Europa geht zunehmend die Sorge um, dass Telekom-Konzerne aus Schwellenländern, vor allem aus China, den hiesigen Firmen den Rang ablaufen könnten und so die im internationalen Vergleich gute europäische Telekom-Infrastruktur ins Hintertreffen gerät. Doch bis zur Umsetzung der Pläne ist es wohl noch ein weiter Weg.