MZ-Serie, Teil 12 MZ-Serie, Teil 12: Weltgrößter Folien-Produzent investiert 80 Millionen in Schkopau
Schkopau/MZ. - Und es ist angenehm warm dort, fast wie im Spätsommer an der Adria. Gitter, Rohre, Wände - ein kräftiges Gelb prägt den Raum. Und das Blubbern, Zischen und Pfeifen der Aggregate erinnert ein wenig an eine Diskothek am Strand von Rimini. Ohrenstöpsel sind angeraten, auch hier sind die Regler oben und ist italienisches Temperament mit im Spiel.
Produktion rund um die Uhr
Pausenlos schieben sich zumeist durchsichtige Plastik-Folien aus den Maschinen. Manuli Stretch, der Branchenprimus mit Hauptsitz in Mailand, lässt im Saalekreis in der Nähe von Halle auf 15 Fertigungslinien zugleich arbeiten - ein ostdeutsches Folien-Wunder. Das Prinzip ist dabei mehr oder weniger immer gleich, Rezepturen und Verarbeitung variieren im Detail. So gibt es hauchdünne Folien, nicht stärker als ein menschliches Haar. Freilich geht es auch viel derber, mitunter sogar in mehreren Lagen - stabil, schlagfest, abweisend gegen Staub und Feuchtigkeit.
Manuli, ursprünglich ein kleiner Hersteller von Klebe- und Isolierband, ist in punkto Folien der Spitzenreiter von Beginn an. Der Gründungsvater und Namensgeber des Unternehmens geht ein Wagnis ein - und gewinnt. Er überführt das in den 1950er Jahren entwickelte Verfahren vom Labor in die industrielle Produktion. Schon in den 1970er Jahren macht sich Manuli als Lieferant von dehnbaren Stretch-Folien europaweit einen Namen. Von dieser Erfolgsgeschichte profitiert der inzwischen um ein Vielfaches gewachsene Familien-Konzern, der auch zahlreiche neue Patente besitzt, bis heute. Mit der Rieseninvestition in Schkopau bauen die Italiener ihre Spitzenposition auf dem Weltmarkt aus. Ihr finanzieller Einsatz seit 1998 beläuft sich auf rund 80 Millionen Euro. 20 Prozent der Summe, bestätigt das Unternehmen, stammen aus europäischen und nationalen Fördertöpfen.
Wie gut das Geld angelegt ist, zeigt sich unter anderem am modern organisierten Betriebsablauf und den hochwertigen Spezialmaschinen. Am Anfang der Produktion steht eine ganze Batterie von Silos, gefüllt mit Plastik-Granulat - aus der Produktion des Value-Park-Nachbarn Dow Chemical. Wie Kerzenwachs fühlen sich die kleinen weichen Stückchen an. Es kostet keine Mühe, mit einem Fingernagel die Oberfläche leicht zu ritzen. Später, im erhitzten Zustand, verwandelt sich der mit Klebern und zuweilen auch mit Farben kombinierte feste Kunststoff in einen chemischen Brei. Über Fördertechnik und Düsen gelangt diese dickflüssige Schmelze dann auf ein ausgeklügeltes System aus diversen, teils extra gekühlter Walzen, die die Folie ziehen, strecken und recken. Hightech-Schneidgeräte bringen den Ausstoß schließlich auf die gewünschten Maße.
Wenn alles gut läuft, dann können am Ende jeder Anlage bis zu 600 Meter Folie fein säuberlich aufgewickelt werden - automatisch, Minute für Minute, 24 Stunden am Tag. Ausreichend, um damit täglich zwischen 25 und 30 Lastzüge mit Folienrollen beladen zu können. Das ergibt - über das ganze Jahr gerechnet - eine schwer vorstellbare Menge: 140 000 Tonnen. Schkopau ist damit das leistungsstärkste der insgesamt sechs solcher Manuli-Werke in Europa und Südamerika.
Der Bedarf - von Konjunktur-Schwankungen abgesehen - wächst. Gianclaudio Bassano, zuständig für das operative Geschäft in Europa: "Auch wenn die nächsten zwei bis vier Jahre gesamtwirtschaftlich eher schwierig werden, irgendwie muss jede Ware eingepackt werden." Ob Fliesenstapel, Maschinen, Getränke-Pakete, Medikamente, Lebensmittel, Lieferungen für das Weihnachtsgeschäft im Supermarkt oder selbst Heuballen zur Zwischenlagerung in der Landwirtschaft - Manuli Stretch ist als hygienische und schützende Folienhülle, die sich zudem noch gut recyceln lässt, praktisch immer mit dabei. Das Motto: "Packen wir es ein." So erwirtschaftet allein der Standort Schkopau, sagt der gebürtige Sizilianer, einen jährlichen Umsatz von etwa 140 Millionen Euro. Ähnliche Betriebe in Italien, England, Brasilien und Argentinien tragen gleichfalls zum Konzernumsatz bei: insgesamt über 450 Millionen Euro.
Kritik an Strompreisen
Auffällig ist, wie wenige Techniker im Schkopauer Betrieb unterwegs sind. Computer steuern fast die gesamte Herstellung. So bleiben den Maschinenführern zwei Aufgaben: Kontrolle und Korrektur. Gemeinsam mit der kaufmännischen und der logistischen Abteilung beschäftigt Manuli knapp 200 Mitarbeiter, viele davon im im Drei-Schicht-Betrieb. Hinzu kommen 15 Lehrlinge. Die Belegschaft, davon ist 56-jährige Ingenieur Bassano überzeugt, stellt sich dem Wettbewerb um maximale Leistung zu günstigsten Preisen. "Doch nicht alles liegt in unserer Hand." Kritisch spricht der Manager über die gestiegenen Stromkosten in Deutschland. Polen und Skandinavien wären deutlich billiger. "Nur in Italien liegen die Tarife noch höher."