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Müntefering beschwört Kampfgeist der SPD

13.11.2009, 13:10

Dresden/dpa. - Der scheidende SPD-Vorsitzende Franz Müntefering hat seine Partei nach der schweren Wahlniederlage zu einem Neuanfang mit Selbstbewusstsein aufgerufen. Zugleich räumte er am Freitag in seinem Rechenschaftsbericht beim Bundesparteitag in Dresden Fehler ein.

Das Wahldesaster vom 27. September sei «selbst verschuldet». Der Vertrauensverlust bei den Wählern «muss uns erschüttern». Die politische Konkurrenz solle aber wissen, die SPD «zieht sich nicht als Selbsthilfegruppe ins Jammertal zurück». Die Partei sei da. «Die SPD ist kleiner geworden, aber die sozialdemokratische Idee nicht. Schon gar nicht ist sie am Ende.»

Die SPD wollte in Dresden den früheren Bundesumweltminister Sigmar Gabriel zum neuen Parteivorsitzenden wählen. Seine Generalsekretärin soll Andrea Nahles werden.

In der Aussprache forderten zahlreiche Delegierte eine detaillierte Aufarbeitung der Wahlniederlage und ihrer Ursachen. Die SPD habe seit 1998 nicht nur zehn Millionen Wähler verloren, sondern auch ein Drittel ihrer Mitglieder. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier wertete Münteferings Rede als «ehrliche Analyse».

Müntefering sagte, das Ergebnis von 23 Prozent am 27. September sei nicht mit dem normalen Auf und Ab in der Demokratie erklärbar. «Die Dimension der Niederlage ist das Erschreckende.» Im Wahlkampf habe die SPD zu undeutlich gelassen, «mit wem wir was wie durchsetzen» wolle, sagte Müntefering selbstkritisch. Er verwies auf die zahlreichen Erfolge während der SPD-Regierungszeit. «Manches ist uns auch misslungen», räumte er ein. Dies erkläre das Wahlergebnis aber nur zum Teil.

Zugleich warnte Müntefering seine Partei: «Wir müssen auch widerstehen: der oberflächlichen Antwort, dem billigen Zorn, der Nostalgie, der Mutlosigkeit, der Missgunst untereinander und dem Klein-Karo.»

Mit Blick auf die Kritik an der in seiner Amtszeit als Bundesarbeitsminister eingeführten Rente mit 67 sagte Müntefering, der mit der Union ausgehandelte Koalitionsvertrag sei 2005 von einem SPD-Parteitag fast einstimmig beschlossen worden. Es sei dann nur konsequent, wenn sich die politischen Akteure an die Umsetzung dieser Beschlüsse gemacht haben. Indirekt rechtfertigte Müntefering auch die Arbeitsmarktreformen in der Regierungszeit von Ex-Kanzler Gerhard Schröder. «Die Bekämpfung von Kinderarmut setzt voraus, dass die Menschen Arbeit haben.» Wer Altersarmut verhindern wolle, müsse auch dafür sorgen, dass Deutschland ein Hochlohnland bleibe. «Niedriglöhne führen in die Altersarmut hinein.»

Die schwarz-gelbe Regierungskoalition warnte Müntefering vor Einschnitten bei Kündigungsschutz, Mitbestimmung und Tarifautonomie. Schon bei der Gründung der großen Koalition 2005 habe die CDU/CSU hier etwas ganz anderes durchsetzen wollen, was die SPD verhindert habe. «Wir bleiben auch jetzt hellwach und kampfbereit.» Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hielt Müntefering «Beliebigkeit» vor. Diesen Politikstil werde das Land «teuer bezahlen» müssen.