Münchener Rück schickt Branchenwerte auf Talfahrt
München/dpa. - Der weltweit zweitgrößte Rückversicherer Münchener Rück ist von den Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten voll erwischt worden und hat mit einer überraschenden Gewinnwarnung die Aktienmärkte auf Talfahrt geschickt.
Wie das Unternehmen am Freitag in München mitteilte, ist 2008 nur noch mit einem Ergebnis von «deutlich über 2 Milliarden Euro» zu rechnen. Bislang war die Münchener Rück von 3,0 bis 3,4 Milliarden Euro ausgegangen. Grund für den Ergebniseinbruch seien die stark gesunkenen Kurse von Aktien und festverzinslichen Wertpapieren. Die langfristigen Ziele blieben aber unverändert. Auch die Versicherungs- Tochter ERGO dämpfte ihre Erwartungen. Die Börse reagierte mit empfindlichen Kursabschlägen, die im Laufe des Tages auch die übrige Versicherungsbranche mit in einen Abwärtsstrudel zogen.
Im zweiten Quartal brach der Gewinn der Münchener Rück ersten Schätzungen zufolge fast um die Hälfte von 1,158 Milliarden auf rund 600 Millionen Euro ein. Das Eigenkapital ging von Ende März bis Ende Juni von 23,8 auf 21,5 Milliarden Euro zurück. Die genauen Zahlen will die Münchener Rück wie geplant am 6. August vorlegen.
Auch der zum Konzern gehörende Düsseldorfer Versicherungskonzern ERGO senkte seine Prognose für das laufende Geschäftsjahr. Statt eines Gewinns von 480 bis 600 Millionen Euro sei für 2008 jetzt nur noch mit einem Ergebnis von 320 bis 380 Millionen Euro zu rechnen, teilte ERGO am Freitag in Düsseldorf mit. Im ersten Halbjahr sank der Gewinn nach vorläufigen Zahlen um ein Drittel auf 269 Millionen Euro. An den langfristigen Zielen hält aber auch ERGO fest.
Obwohl die Münchener Rück nach eigenen Angaben zufolge nur mit knapp sieben Prozent ihrer Kapitalanlagen in Aktien engagiert ist, hat es zuletzt erhebliche Abschreibungen auf sein Portfolio vornehmen müssen. Die Abschreibungen auf festverzinsliche Wertpapiere seien im zweiten Quartal hingegen gering ausgefallen. Insgesamt verfügt der Rückversicherer über Kapitalanlagen von rund 166 Milliarden Euro. Für den weiteren Jahresverlauf ist laut Münchener Rück mit weiteren Abschreibungen zu rechnen, sofern das derzeitige Kursniveau bestehenbleibt. Sollte die von einigen Marktteilnehmern erwartete Kurserholung eintreten, werde dies allerdings nicht der Fall sein.
An ihren längerfristigen Prognosen hielt die Münchener Rück am Freitag fest. Dies gelte auch für das Ziel, den Gewinn je Aktie bis zum Jahr 2010 auf mehr als 18 Euro zu steigern. Darüber hinaus will das Unternehmen den Rückkauf eigener Aktien fortsetzen. Bis zur Hauptversammlung 2009 sollen Aktien im Wert von einer Milliarde Euro erworben werden.
An der Börse wurden die Nachrichten mit Bestürzung aufgenommen. Die Hiobsbotschaften der Münchener Rück und anderer Versicherer schickten am Freitag die gesamte Branche auf Talfahrt. «Das sind verheerende Zahlen», sagte ein Börsianer. Bislang habe am Markt der Eindruck vorgeherrscht, dass die Münchener Rück keine «Problemabschreibungen» habe. Daher überrasche das aktuelle Ergebnis umso mehr.
Die Papiere des Rückversicherers gingen bis zum frühen Nachmittag um gut elf Prozent auf 103,54 Euro in die Knie. Auch die Aktien anderer Rückversicherer gerieten in den Abwärtsstrudel, darunter die Hannover Rück und Swiss Re. Papiere der Hannover Rück, die mitgeteilt hatte, die Ziele für 2008 seien immer schwieriger zu erreichen, verloren zwischenzeitlich mehr als 17 Prozent auf 26,75 Euro. Auch die Aktien der Allianz konnten sich den Nachrichten nicht entziehen und fielen um 7,83 Prozent auf 105,43 Euro. Die schlechte Stimmung schwappte auch nach Europa über: Swiss Re verloren 5,03 Prozent auf 65,15 Franken, AXA rutschten um 7,91 Prozent auf 18,27 Euro ab. Händler begründeten den massiven Kursrutsch mit einer Mischung aus Unsicherheit und Panik.