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Mittelstand Mittelstand: Hans Bauerfeind ist ein Unternehmer der Wende

Von Andreas Hummel 28.07.2010, 10:30
Der Unternehmer Hans Bauerfeind. (FOTO: DPA)
Der Unternehmer Hans Bauerfeind. (FOTO: DPA) dpa-Zentralbild

Zeulenroda/dpa. - Nach Vorbildern befragt, fällt HansBauerfeind partout nichts ein. «Ich bin immer meinen eigenen Weggegangen», antwortet der Chef der Bauernfeind AG aus Zeulenroda inOstthüringen nach kurzem Zögern. Mit dem Motto à la Frank Sinatra istes ihm gelungen, das Familienunternehmen zu einem weltweltweitbekannten Hersteller von Bandagen und Kompressionsstrümpfenauszubauen. Zuletzt erwirtschaftete er mit rund 2000 Mitarbeiterneinen Umsatz von 250 Millionen Euro. Mit 70 Jahren bereitet er nunseinen Ausstieg aus der Firmenleitung vor und will sich dann stärkerder Politik widmen.

Der kleine Mann ist ein Generalist und Entscheider. Nach derWiedervereinigung kehrte er mit seiner Firma peu à peu zu den Wurzelnins ostthüringische Zeulenroda zurück - zum Nachteil des Stammwerkesin Kempen am Niederrhein. Das wurde 2009 dicht gemacht. Übrig bliebneben der mit Investitionszuschüssen aus dem Boden gestampftenZentrale im Osten nur das Werk in Remscheid (Nordrhein-Westfalen).

Bauerfeinds Ansehen tat das kaum Abbruch. Nicht nur, dass seineFirma in Ostthüringen zu den größten privaten Arbeitgebern gehört,auch politisch und sozial engagiert er sich. So ist er mittlerweileauf einem Fresko in seiner Taufkirche verewigt, für deren Sanierunger eine halbe Million Euro locker machte.

«Ich habe damals gedacht: Jetzt passiert etwas ganz Neues hier, damuss ich dabei sein», erinnert sich der Textilingenieur heute an dieWendezeit. Der Kontakt in den Osten, wo seine Eltern 40 Jahre zuvorals Unternehmer enteignet werden sollten und mit dem Jungen in denWesten flüchteten, sei nie abgerissen. 1991 übernahm Bauerfeind eineStrickbandagen-Firma in Zeulenroda und investierte weit mehr als 100Millionen Euro in die Produktion, ein Innovationszentrum und einen 57Meter hohen, gläsernen Büroturm. Mit einer verlängerten Werkbank imOsten wollte er sich nicht begnügen.

Doch nicht alles, was der passionierte Gärtner und Jäger in seineralten Heimat in die Hand nahm, glückte ihm. Da ist die Geschichte mitdem Wein. «Das ist voll in die Hose gegangen», bekennt er mit einemSchmunzeln. Sein Weinberg hielt ganze drei Jahre. «Doch in einerschlimmen Winternacht sind alle 99 Stöcke erfroren.» Seitdem lässt erdie Finger von der Winzerei.

Nicht lassen konnte er vom Ferienhotel an der ZeulenrodaerTalsperre, die von einer hässlichen Betonbrücke durchquert wird.Tausende DDR-Bürger verbrachten in den 80er Jahren in dem Plattenbaudes FDGB-Gewerkschaftsbundes ihren Urlaub, nach der Wende wollte eskeiner haben - bis sich Bauerfeind erbarmte und es mit Millionen aufVordermann brachte. «Da habe ich mich auf ein Abenteuer eingelassen,das ich besser nicht gemacht hätte», räumt der sonst solideGeschäftsmann freimütig ein. «Wir verdienen noch kein Geld damit.»

Künftig will Bauerfeind im Unternehmen kürzertreten und es in dieHände der nunmehr vierten Generation legen. Seine Nachfolge könnteüber eine Familienstiftung geregelt werden, in die er seine Anteileam Unternehmen einbringt. «Das sind Überlegungen, die wir zurzeitanstellen.» Zwei seiner drei Kinder sind unternehmerisch aktiv. SeineTochter Beatrix Bauerfeind-Johnson ist seit April 2009 im Vorstandder Bauerfeind AG für Finanzen und Personal zuständig; sein SohnThomas führt den aus der AG wieder ausgegründeten SchuhherstellerBerkemann, der inzwischen ebenfalls seinen Sitz in Zeulenroda hat.

An diesem Donnerstag feiert Bauerfeind nun seinen 70. Geburtstag -allein mit seiner Frau bei «einer Fahrt ins Blaue», wie er sagt.Langweilig wird es dem umtriebigen Haudegen wohl auch in Zukunftnicht. Vielmehr will er stärker politisch mitmischen. «Es fehlt anmutigen Entscheidungen und unternehmerischem Sachverstand in derPolitik», bedauert er.

Damit er Gehör findet, hat er sich schon in Position gebracht:Nicht nur als Präsident der Industrie- und HandelskammerOstthüringen, sondern auch als Landeschef des CDU- Wirtschaftsrates.Und seit kurzem sitzt er auch im Kuratorium für das neue GeraerKunsthaus, das im Dezember 2011 eröffnet werden soll.

Von diesem Projekt erhofft er sich einen Imagegewinn für dieRegion. Zu seinem 70. verzichtet er deshalb auf Geschenke, dieGratulanten können für das Kunsthaus spenden. Das ist auch dringendnötig, sollen doch allein 1,5 Millionen Euro der Kosten aus Spendenund Sponsoring-Geldern finanziert werden.