Milliarde verzockt: Merckle bettelt um Staatskredit
Stuttgart/Ulm/dpa. - Das Land Baden-Württemberg hat noch nicht über eine mögliche Hilfe für den von hohen Spekulationsverlusten betroffenen Unternehmer Adolf Merckle entschieden.
«Wir werden dieses Thema intensiv aber zurückhaltend verfolgen. Es gibt bisher keine Festlegung», sagte Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) am Dienstag in Stuttgart. Er betonte: «Das Land kann nur die Ultima Ratio sein. Wir werden auch nicht so schnell vorgehen, wie es der Bund bei Opel getan hat.» Merckle soll bei Spekulationen mit der VW- Aktie mehr als eine Milliarde Euro verloren haben. Es kursieren auch Gerüchte über den Verkauf des zur Merckle-Gruppe gehörenden Ulmer Generika-Herstellers ratiopharm.
Merckle verhandelt Zeitungsberichten zufolge mit dem baden- württembergischen Wirtschaftsministerium über die Möglichkeit einer Landesbürgschaft. Ein erstes Gespräch zwischen politischen Vertretern und Banken habe bereits stattgefunden, hieß es. «Wir können grundsätzlich über Bürgschaften keine Aussage geben», hatte ein Ministeriumssprecher am Montag gesagt.
Der Geschäftsführer der zur Merckle-Gruppe gehörenden VEM Vermögensverwaltung räumte mittlerweile Liquiditätsprobleme ein. «Unter den extremen Turbulenzen auf den Finanzmärkten in den letzten Wochen hat auch die VEM gelitten», teilte Ludwig Merckle der Deutschen Presse-Agentur dpa am Dienstag auf Anfrage mit. Bei der Spekulation auf einen sinkenden VW-Kurs habe man falsch gelegen.
Die Verhandlungen mit den Banken zur Stabilisierung der Situation seien weit fortgeschritten, teilte er weiter mit. Rund 40 Banken sollen sich an den Kredit-Verhandlungen beteiligen. Darunter seien die Commerzbank, die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und die Royal Bank of Scotland, hieß es. Diese Banken wollen ihr Engagement aber offenbar durch eine Landesbürgschaft gesichert sehen. Die LBBW wollte sich dazu nicht äußern.
«Unterschiedliche Optionen werden geprüft, um eine geordnete Rückführung der Verbindlichkeiten zu gewährleisten», teilte Merckle weiter mit. Ein Prüfauftrag für einen Verkauf von ratiopharm sei aber noch nicht erteilt worden, sagte er der «Südwest Presse». Allerdings werde bereits seit rund vier Wochen in Finanzkreisen über einen möglichen Verkauf von ratiopharm diskutiert, erfuhr die Finanz-Nachrichtenagentur.
Mit dem Verkauf des Pharmaherstellers soll auch dem ebenfalls zur Merckle-Gruppe gehörenden Baustoffhersteller HeidelbergCement aus den roten Zahlen geholfen werden. Als Käufer wurden die israelische Teva- Gruppe und der französische Pharmakonzern Sanofi-Aventis gehandelt. Die Summe soll bei bis zu 5,4 Milliarden Euro liegen.
Die Merckle-Gruppe mit etwa 100 000 Mitarbeitern macht jährlich insgesamt rund 30 Milliarden Euro Umsatz. Sie soll mehr als 16 Milliarden Euro Finanzschulden haben. Adolf Merckles Privatvermögen wird auf 9,2 Milliarden Dollar geschätzt.