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Merkel mahnt in China Menschenrechte an

28.08.2007, 07:32

Peking/dpa. - Kanzlerin Angela Merkel hat am Dienstag in Peking nachdrücklich mehr Meinungs- und Pressefreiheit sowie die Einhaltung der Menschenrechte in China angemahnt.

In einer Rede in der Akademie der Sozialwissenschaften sagte die Kanzlerin, China müsse mit seinem wirtschaftlichen Aufstieg auch mehr Verantwortung in der Welt übernehmen, sich dafür aber «auf gemeinsame Spielregeln einlassen». Vor der Weitereise zur zweiten Station ihres Chinas-Besuches in Nanjing zog die Kanzlerin eine positive Bilanz ihrer Gespräche mit der chinesischen Führung. Die «Vielfalt, Klarheit und Offenheit» in den Beziehungen sei ein ermutigendes Zeichen, sagte Merkel.

Um ein Zeichen für die Pressefreiheit zu setzen, hatte sich die Kanzlerin am Morgen im Hotel mit vier kritischen Journalisten getroffen. «Das Treffen zeigt, dass die Kanzlerin der Demokratie und Meinungsfreiheit in China große Bedeutung schenkt», sagte der entlassene Chefredakteur der früher populären Beilage der «China Youth Daily», Li Datong. In dem Gespräch ging es um die Grundlagen journalistischer Arbeit sowie Möglichkeiten der Medien, Kritik zu üben, wie Delegationskreise berichteten. Die Kanzlerin setzte sich anschließend bei einem Gespräch mit Parlamentschef Wu Bangguo für ein Mediengesetz und die bessere rechtliche Absicherung der Presse ein.

Nach Ansicht der Kanzlerin wird die Menschenrechtsdiskussion vor den Olympischen Spielen 2008 in Peking noch an Fahrt gewinnen, da die Welt stärker als früher auf China schauen wird. Die Spiele seien eine riesige Chance für China, sich vor der Welt darzustellen. «Aber es wird natürlich auch geschaut werden, wie präsentiert sich China gerade auch in Hinsicht auf Meinungs- und Pressefreiheit», sagte Merkel. Menschenrechte bedeuteten «nichts anderes, als dass die Würde jedes einzelnen Menschen nicht zu teilen ist und dass es niemanden gibt, der das Recht hat, den einen über den anderen zu stellen», sagte Merkel in der Akademie in einem indirekten Hinweis auf die Vorstellung in China, dass sich das Individuum unterzuordnen habe.

Zur Diskussion über eine «chinesische Bedrohung» sagte Merkel, seine starke und dynamische Entwicklung mache China «zu einem Faktor in der Welt, den wir nicht vernachlässigen können». China verbrauche mehr Rohstoffe und beeinflusse Weltmarktpreise wie früher nicht. Die Welt und die Kräfteverhältnisse veränderten sich. China müsse sich wie Europa darauf einstellen, die Veränderungen mitzugestalten und künftig mehr Verantwortung zu übernehmen. Auch im Klimaschutz komme China «an seiner globalen Verantwortung nicht vorbei» - spätestens dann, wenn sich der Ausstoß der Treibhausgase pro Kopf in den Schwellenländern dem Niveau der Europäer annähere, das derzeit sinke.

Scharfe Kritik übte die Kanzlerin am mangelnden Schutz des geistigen Eigentums in China und Plagiaten deutscher Autos. Es sei «nicht gut», wenn auf der kommenden Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt «plötzlich ein Auto da steht, das aussieht wie ein Smart, aber keiner ist, sondern doch eine Kopie, die nicht ganz legal erarbeitet wurde».

Die Kanzlerin kündigte an, am Rande der UN-Vollversammlung in New York Ende September zu versuchen, die EU, die USA, Brasilien und die anderen so genannten G20-Staaten zusammenzubringen, um die festgefahrene Welthandelsrunde doch noch zu einem Ende zu bringen. «Es gibt noch einen Funken Hoffnung», auch wenn er nicht groß sei.

Auf der zweiten Station ihrer bislang längsten Auslandsreise nach China und Japan reiste die Kanzlerin in die ostchinesische Stadt Nanjing weiter, um eine dreijährige Image- und Kulturkampagne Deutschlands in China zu eröffnen. Es ist die bisher größte Kampagne in China, mit der sich Deutschland bis zur Expo 2010 in Shanghai darstellen wird. Am Mittwoch fliegt Merkel nach Tokio weiter.