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Merkel macht Milch zur Chefsache

29.05.2009, 16:14

Berlin/dpa. - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) macht die Milchkrise zur Chefsache. Im Kanzleramt traf sie sich mit 16 Bäuerinnen, um mit ihnen über die drastisch gesunkenen Milchpreise und die Wirtschaftskrise zu sprechen.

Merkel sagte nach Teilnehmerangaben, sie wolle beim nächsten EU-Gipfel im Juni die Regelung der Milchquote ansprechen. Konkrete Zusagen machte sie aber nicht. Die 16 Frauen zogen eine positive Bilanz des Treffens. Im Frankfurter Bankenviertel demonstrierten indessen rund 2500 Bauern für einen eigenen Rettungsschirm für die Landwirtschaft.

Die Milchviehhalterin Gabriele Stockhoff sagte nach dem Treffen mit Merkel: «Wir haben ihr deutlich gemacht, dass jetzt gehandelt werden muss, sonst werden in den nächsten Monaten etliche Betriebe sterben.» Die Landfrauenpräsidentin Brigitte Scherb sagte: «Was im Moment auf den Höfen abgeht (...), ist existenzbedrohend.»

Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa: «Die Bundeskanzlerin und ich werden alles tun, um die Situation der Milchbauern zu verbessern.» Es sei aber auch klar, dass es nicht nur um die Milch-Produktionsbeschränkung gehe, es müsse auch nach Alternativen gesucht werden. Sie kündigte weitere Gespräche mit den Milchbäuerinnen an. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sprach sich dafür aus, die Position der Milcherzeuger gegenüber dem Handel gesetzlich zu stärken.

Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter will die stufenweise Lockerung der Produktionsbeschränkung für Milch kippen und die Quote langfristig beibehalten, aber flexibel steuern. Der Bauernverband spricht sich dagegen für ein Auslaufen der Quote aus - wie dies auch in der EU geplant ist, will aber Konjunkturhilfen. Derzeit gibt es keine Mehrheit dafür, die stufenweise Anhebung der Milchquote auszusetzen. Aigner will auch mehr Absatzförderung prüfen.

Die Große Koalition plant Zinshilfen und eine Entlastung bei der Agrardieselsteuer. Der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM) Romuald Schaber hält die Hilfen für einen Tropfen auf den heißen Stein. «Durch die niedrigen Preise verliert so ein durchschnittlicher Betrieb etwa 50 000 Euro im Jahr an Milchgeld. Billigerer Agrardiesel wiegt aber nur etwa 1000 Euro auf», sagte Schaber der dpa.

Tausende Bauern forderten im Frankfurter Bankenviertel einen eigenen Rettungsschirm für die Landwirtschaft. Bauernpräsident Gerd Sonnleitner sagte nach einer Sternfahrt mit 200 Traktoren: «Nicht nur Opel, Commerzbank und Karstadt stehen auf dem Spiel.» Neben 25 000 Opel-Mitarbeitern und 50 000 Karstadt-Beschäftigten seien auch 380 000 landwirtschaftliche Betriebe und ihre Familien relevant für das System. Bauern trieben ein Schwein vor die Börse. Sonnleitner zeigte sich an der Skulptur «Bulle und Bär» mit der Sau, die auf dem Rücken die Aufschrift trug: «Banken haben Schwein gehabt.»

Die Milchquote regelt seit den 1980er Jahren die Produktion und sollte Milch- und Butterberge verhindern. Sie soll 2015 auslaufen und bis dahin leicht steigen. Luxemburgs Bauern dürfen im laufenden Agrarjahr rund 2,5 Prozent mehr Milch als bisher produzieren, teilte das Agrarministerium des Großherzogtums mit. Merkel hatte am Donnerstag an die Verbraucher appelliert, den Milchbauern zu helfen. Sie warnte vor Preisdumping. Die Milchviehhalter bekommen für einen Liter Milch nur noch teils 20 Cent und fordern mindestens 40 Cent. Auch Getreidebauern, Obstbauern und Schweinehalter sind von der Krise betroffen.