1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Medikamente: Medikamente: Apothekenmarkt steht vor einem Strukturwandel

Medikamente Medikamente: Apothekenmarkt steht vor einem Strukturwandel

Von Nadine Schimroszik 05.02.2008, 10:03
Der Apothekenmarkt befindet sich erstam Beginn eines Strukturwandels. (Foto: dpa)
Der Apothekenmarkt befindet sich erstam Beginn eines Strukturwandels. (Foto: dpa) dpa

Berlin/ddp. - Doch es geht auch umPreise. Nachdem vor vier Jahren der Versand-Arzneihandel erlaubtwurde, können beispielsweise über das Internet Medikamente erworbenwerden. Der Preiswettbewerb bei frei verkäuflichen Arzneimitteln hatsich seitdem verschärft. Doch der Apothekenmarkt befindet sich erstam Beginn eines Strukturwandels.

Jetzt will die EU das sogenannte Mehrbesitzverbot in Deutschlandkippen. Demnach dürfen Apotheker bislang nur bis zu vier Apothekenbesitzen, Ketten wie in Großbritannien und den Niederlanden sindnicht erlaubt. Ein entsprechendes Vertragsverletzungsverfahren gegenDeutschland wurde eingeleitet, die Bundesregierung muss nunreagieren. Gegen das Fremdbesitzverbot, nach dem nur approbiertePharmazeuten Apotheken führen dürfen, geht die EU bereits vor.

«Wir bereiten uns auf eine vollständige Liberalisierung desMarktes vor», kündigte Celesio-Sprecher Rainer Berghausen an. Dererste strategische Schritt des Pharmagroßhändlers sei die Übernahmeder DocMorris-Versandapotheken gewesen. Bei einem Fall desFremdbesitzverbotes könnten sie sich in Zukunft auch von angestelltenApothekern geführte Apotheken vorstellen. Berghausen zufolge würdeein gekipptes Mehrbesitzverbot dazu führen, dass zunächst dieApothekenzahlen anstiegen. Dann käme es zu einer Konsolidierung undeinem entsprechenden Abbau der Überkapazitäten.

Davor möchte die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände(ABDA) ihre Mitglieder schützen. Die heilberufliche Verantwortung fürjeden einzelnen Kunden stehe auf dem Spiel, sagt ABDA-Sprecher ThomasBellartz. Zudem dürften Pillen nicht deshalb gekauft werden, weil siebillig seien.

Bellartz zufolge bedeutet zumindest der seit 2004 zugelasseneVersandhandel ökonomisch gesehen für die regulären Apotheken keineGefahr. Der Anteil am Gesamtumsatz habe im vergangenen Jahr bei einemProzent gelegen. Celesio wollte zum DocMorris-Versandhandel keineZahlen nennen. Nach Angaben Berghausens ist das Unternehmen aber mitder Entwicklung zufrieden.

Achim Kaul ging mit der Internet-Apotheke VersandApo.de bereitsAnfang 2004 auf den Markt. Es habe sich damals gelohnt, so früh da zusein, freut sich Kaul noch heute. Jetzt blickt er skeptisch in dieZukunft. Die Konkurrenz werde immer größer, und jetzt wollten auchnoch die Drogerieketten dm und Schlecker in den Handel einsteigen,sorgt sich Kaul. Diese Unternehmen seien zwar Branchenfremde, hättenaber als große Ketten Finanzkraft. Und sie würden wohl allesversuchen, um die eigentlich geringen Gewinnmargen zu vergrößern.

Bei Schlecker wollte sich auf Anfrage niemand konkret zu denPlänen eines Einstieges in den Versandhandel äußern. EinUnternehmenssprecher bestätigte nur die Berichterstattung imaktuellen «Manager Magazin». Demnach will Schlecker noch im Februarmit dem Versandhandel zumeist bekannter und gängiger Medikamente wieAspirin, Grippostad oder Thomapyrin beginnen. Diese sind lautFirmen-Chef Anton Schlecker zufolge dann zunächst nur im Versanderhältlich. Kunden könnten die Medikamente online, per Fax oderTelefon bestellen. In den Filialen werde nur Werbematerial ausliegen.

In 80 dm-Drogeriemärkten in Nordrhein-Westfalen könnenInteressierte seit vergangenem Jahr Medikamente an den sogenanntenPharma-Punkten kaufen. «Wir sind sehr zufrieden mit der Resonanz aufden Bestell- und Abholservice. Wenn man bedenkt, dass sich dieEinkaufswege der Kunden dem neuen Service erst anpassen müssen, sinddie ersten guten Ergebnisse umso positiver einzuschätzen», sagtdm-Geschäftsführerin Petra Schäfer. Sie prüften derzeit, weiterePharma-Punkte in den Märkten einzurichten.

Apotheker und Unternehmen müssen jetzt die Entscheidungen derBundesregierung und der EU-Kommission abwarten. Trotz konträrerAuffassungen sind sich ABDA und Celesio dabei in einem Punkt einig:«Medikamente sind keine Bonbons, die überall verkauft werden dürfen».