Medien Medien: Froh zu sein bedarf es wirklich wenig

Halle/MZ. - In diesem Jahrkonnte man sich vor Spaß gar nicht mehr retten.Beispiel gefällig? Letzte Nacht, höre ichim Autoradio einen erzählen, habe er geträumt,bei Gina Wild zu tapezieren. Aha, denke ich,mäßig interessiert. Boahhhh, grunzt da derKerl und fügt etwas Säuisches hinzu, das erwohl für eine Pointe hält. Da lernt man Senderzu lieben, die stolz darauf sind, dass siemit "weniger Gequatsche" auskommen.
Aber Zoten bringen Punkte. Froh zu sein bedarfes wenig. Was nützt so einem armen Hund vonComedian (wie die Spaßmacher jetzt heißen)denn all der bürgerliche Bildungsmief, wenner es nicht auch mal krachen lässt? Warumsoll er denn nicht "ficken" rufen dürfen,wenn es die Leute doch vergnügt? Schließlichleben wir mitten in der Spaßgesellschaft,Spaß ist hier die erste Bürgerpflicht. Alsosch... auf das Tabu: Brichst du es nicht,tut es ein anderer. Und morgen wird sowiesoeine neue Sau durchs Dorf getrieben.
Ach, was waren das noch für Zeiten, als sichdas pikierte Feuilleton über "Big Brother"zu Gericht begab. Sie wissen doch, jene rührendeTagesstätte im Kölner Container, die uns dieFrage aufgab, ob man das machen darf: Menschen(fast) immer zu beobachten, sogar im Bettund unter der Dusche. Spannend. Aber was fürdauerhafte Geschichten sind daraus gewachsen,welche prächtigen Frauen und Männer habenwir kennengelernt: Sabrina, die Wuchtbrumme,Zlatko, den grundguten Schlosser. Und Alex!Der dann Jenny Elvers aus den Armen von HeinerLauterbach lockte, ihr ein Kind machte undhastdunichtgesehn verschwand.
Wunderbar. Was hätten wir ohne all diese atemberaubendenEreignisse, was hätte Jenny Elvers in diesemJahr getan? Es gäbe sie vielleicht gar nicht,jedenfalls nicht in unserem Bewusstsein. DiePost in der Spaßgesellschaft ginge ohne diejunge Mutter ab, wenn sie zum Beispiel imSupermarkt für das Leergut zuständig wäre.Aber zum Glück haben wir sie ja. Und sie hatuns. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen Nadja"Naddel" Abdel Farrag, Ariane Sommer und VeronaFeldbusch hat sie ein neues Berufsbild geschaffen:Das Sein. Ich bin, schrieb schon der DichterPeter Hille, also ist Schönheit. Und Naddellässt ihren Busen für eine Quizshow wiegen,während Verona, Ariane und Ramona Drews medienwirksamim Chor giften. Hossa.
Aber ach, was sind das für Zeiten, in denendie Familie abends plötzlich wieder gemeinsamvor dem Fernseher hockt. Wenn das Rex Gildound Roy Black noch hätten erleben dürfen.Wie damals beim Kulenkampff ist es nun: Einerwird gewinnen! Diesmal ist es der nette GüntherJauch, die Nachahmer vereint im Kielwasser.Noch hat das Quizformat Konjunktur. Das Volk,die dicke Quotenkuh, will gemolken sein. Undvor allem eines: mitraten. Was für ein Glück,wenn Vati wieder mal schlauer ist als derdoofe Kandidat!
Mitten in der Spaßgesellschaft - das ist einernstes Geschäft. Ganze Wirtschaftszweigeleben davon. Und die Stars natürlich. Werweiß, ob Jenny Elvers nicht bald an die Börsegeht? Dann wird es lustig auf dem Parkett.Nur einer hat 2001 nennenswert gegen den Strichgebürstet: Mit seinem komischen Bildungs-TVsteht er da wie das Männlein im Walde. Undverkauft seine Hinterhältigkeit dabei ganzgut. Raten Sie mal, wie er heißt: Stefan Raabjedenfalls nicht.