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Maschinenbauer Maschinenbauer: Rettung in letzter Minute für Traditionsfirma

Von Steffen Höhne 05.06.2012, 17:23
Der aus dem Iran stammende Unternehmer Jamshid Yektai will in Dessau große Getriebeteile für den Berg- und Schiffbau produzieren. (FOTO: LUTZ SEBASTIAN)
Der aus dem Iran stammende Unternehmer Jamshid Yektai will in Dessau große Getriebeteile für den Berg- und Schiffbau produzieren. (FOTO: LUTZ SEBASTIAN) Alle Nutzungsrechte beim Urheber

Dessau-Rosslau/MZ. - Jamshid Yektai ist ein Freund klarer Worte: "Was ich hier übernehme, ist zum Teil Schrott." Der aus dem Iran stammende Unternehmer ist der neue Herr über eine Gießerei, eine Schmiede, einen Kranbau-Zulieferer und ein Getriebeteilewerk, die zuvor zur insolventen AD Industry Group aus Dessau gehörten. Gut fünf Monate nach der Pleite hat Yektai das Firmensammelsurium übernommen. Als Grund gibt er an: "Ich liebe die Herausforderung." Neben bestehenden Kundenbeziehungen sieht er vor allem die "hervorragend qualifizierten Mitarbeiter als größten Unternehmenswert."

Yaktais Eröffnungsbilanz fällt jedoch ernüchternd aus: Er geht durch die großen, mitunter verrußten Produktionshallen des Traditionsunternehmens, der früheren Abus-Werke, und zeigt auf einen Lichtbogenofen: "Der ist bestimmt 50 bis 60 Jahre alt". In vielen Bereichen sei seit 20 Jahren nicht mehr investiert worden. Zuletzt habe die Firma ohne neue Entwicklungen nur von der Substanz gelebt.

Stadtwerke stellten Strom ab

Ende 2011 war dann Schluss. Die Dessauer Stadtwerke drehten wegen ausstehender Rechnungen in Millionenhöhe den Strom ab. Als Insolvenzverwalter wurde der hallesche Rechtsanwalt Lucas Flöther bestellt. Diesem gelang es zwar, die Produktion wieder anzufahren. Neue Aufträge blieben allerdings aus. Der Verkauf verzögerte sich, Mitte März mussten 70 Beschäftigte gehen. Derzeit arbeiten noch rund 140 Mitarbeiter im Unternehmen. "Dr. Flöther hat es geschafft, das Unternehmen zu stabilisieren, damit es überhaupt weitergeht", lobt Yektai. So drohten viele Finanziers mit dem Abzug von noch unbezahlten Maschinen - dies hätte das endgültige Aus bedeutet.

Nun soll das Unternehmen neu geordnet werden. "Wir beabsichtigen, sieben bis zehn Millionen Euro zu investieren", sagt Yektai. Die Gießerei, die Schmiede und das Getriebewerk sollen grundlegend modernisiert werden. Zudem soll es in Dessau wieder eine eigenständige Forschungs- und Konstruktionsabteilung geben, kündigt Yektai an.

Unternehmer kennt die Branche

Der Unternehmer besitzt viel Erfahrung in der Branche und hat in der Vergangenheit bereits Gesellschaften erfolgreich saniert. Er stammt aus dem Iran und studierte in Ulm und München Maschinenbau und Elektrotechnik. Anschließend arbeitete er als Manager beim Stahlkonzern Krupp. Im Jahr 1989 kaufte er von Krupp den Getriebebauer Siebenhaar mit damals 30 Mitarbeitern. Heute beschäftigt die Firma nach eigenen Angaben 200 Beschäftigte. Yektai sanierte erfolgreich die Techno-Guss Tangerhütte (Landkreis Stendal) und ist an der GTM Getriebetechnik in Magdeburg beteiligt.

Davon soll nun der Standort Dessau profitieren. Ein Teil der Magdeburger Fertigung soll laut Yektai verlagert werden. Künftig sollen in Dessau große Getriebeteile etwa für den Berg- und Schiffbau produziert werden. Der Unternehmer rechnet damit, dass er viele Kunden der Gießerei und der Schmiede zurückgewinnen kann. Die Firmenteile produzieren für den Maschinen- und Automobilbau.

Durch den Neustart sollen nach Angaben von Yektai mindestens 100 bis 120 Arbeitsplätze am Standort gesichert werden. "Wir werden künftig auf Innovationen setzen", sagt der Unternehmer. Dadurch sollen neue Produkte entstehen. Er will damit die 135-jährige Geschichte des Maschinenbaubetriebes, der in der DDR einer der größten Getriebe-Hersteller war, fortsetzen.