Maschinenbau Maschinenbau: Ost-Werk überholt West-Stammsitz

Radebeul/dpa. - Die Zukunft des weltweit drittgrößtenDruckmaschinenherstellers Koenig & Bauer (KBA) mit Sitz in Bayernliegt im Osten. Auf dem Werk im sächsischen Radebeul ruhen dieHoffnungen des Konzerns, der die Krise in der Druckindustrie zuspüren bekam. Das Ost-Werk, zu DDR-Zeiten unter dem Namen Planetainternational bekannt, überrascht derzeit mit dem stärksten Wachstuminnerhalb der KBA-Gruppe. Mit prognostizierten zweistelligenZuwachsraten wird es in diesem Jahr den Stammsitz in Würzburg inBayern überholen.
«Die Nachfrage nach Druckmaschinen ist glücklicherweise weltweitwieder gestiegen», sagt KBA-Vorstandsvorsitzender Albrecht Bolza-Schünemann. Beflügelt von steigenden Auftragseingängen um 33 Prozentseit dem zweiten Quartal hofft das Unternehmen auf eine Rückkehr indie Gewinnzone zum Jahresende. Erwartet wird ein Jahresumsatz von 1,4Milliarden Euro. «Das wäre der höchste in der mehr als 180-jährigenUnternehmensgeschichte», sagt Bolza-Schünemann.
2003 war der Druckmaschinenhersteller wegen der anhaltenden Flauteauf dem Werbe- und Medienmarkt mit 30 Millionen Euro in die rotenZahlen gerutscht. Gleichzeitig ging der Umsatz um neun Prozent aufrund 1,231 Milliarden Euro zurück. Der Verband der Maschinen- undAnlagenbauer VDMA sieht für dieses Jahr für die Branche wiederWachstumsimpulse. Mit einer positiven Umsatzentwicklung von etwa 8Prozent wird gerechnet. Nach den bisherigen Zahlen für Umsatz undAuftragseingang werde 2004 dieses Ziel erreicht.
Bei KBA ist das ehemalige DDR-Werk, wo Bogenoffsetmaschinenhergestellt werden, eine feste und sichere Größe. Für den Erfolg desOst-Standortes sprechen nach Ansicht von Bolza-Schünemann vieleGründe. «Die höhere wöchentliche Arbeitszeit ist ein wichtigerStandortvorteil», sagt er. In Radebeul liegt sie bei 38 Stunden.Außerdem erhält der Kunde von der Entwicklung, über Fertigung,Montage und Vertrieb bis zum Service alles aus einer Hand.
87 Prozent der Druckmaschinen gehen in den Export (2003). «SeitJahren gibt es in Radebeul 10 bis 15 Prozent Wachstum», sagt Bolza-Schünemann. Dagegen verzeichnete im Vorjahr der Konzern einenRückgang um 9 Prozent. Bogenoffsetmaschinen waren von der Krise nichtso betroffen wie Zeitungsrotationsmaschinen, die in Würzburghergestellt werden.
«Das Radebeuler Werk hatte nach der Wende trotzdem vieleProbleme», sagt der 51-Jährige. 1991 kaufte die KBA von der Treuhand75 Prozent von Planeta, 1994 den Rest. Bolza-Schünemann erlebte dasAuf und Ab aus nächster Nähe mit. Als Planeta-Geschäftsführer ging erin den Osten - heute ist er Vorstandschef und pendelt regelmäßig inden Westen.
«Ein großer Teil der damals 5000 Planeta-Mitarbeiter mussteentlassen werden», sagt Bolza-Schünemann. Märkte brachen weg, vorallem das Russlandgeschäft. Auch das Preissystem war durch dieSubventionierung der DDR-Regierung aus den Fugen geraten. «Nur umWestgeld zu erhalten, wurden Maschinen unter Wert verkauft.» DieDumpingpreise konnten nicht gehalten werden.
Investitionen in den Druckereien und Verlagen in den neuen Ländernbrachten in den 90er Jahren Radebeul volle Auftragsbücher. «Wir habengute Geschäfte gemacht», sagt Bolza-Schünemann. Schulbücher, Plakateund Werbebroschüren können gedruckt werden: Vom Kleinformat bis zugroßformatigen Drucken mit den Maßen von 1,51 bis 2,05 Meter.
Der Gedanke zur Auslagerung von Fertigungsstätten werde nichtkategorisch ad acta gelegt, sagt Bolza-Schünemann. «In Deutschlandbehindert uns eine Flut von Gesetzen.» Mit dem vermeintlichen Schutzder Mitarbeiter werden Arbeitsplätze verhindert. «Tschechien undPolen sind für uns attraktiv», sagt er. KBA forciert aber nach denAngaben sein Programm zur Kostensenkung. Nach der Schließung desWerkes in Kusel (Rheinland-Pfalz) Ende 2003 wird das in Berlin mit 72Mitarbeitern zum Ende des Jahres nicht mehr produzieren.