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Made in Sachsen-Anhalt Made in Sachsen-Anhalt: Süßes für die Italiener

Von CHRISTIAN SCHAFMEISTER 30.01.2011, 18:36

ZÖRBIG/MZ. - Können Sie sich das vorstellen? Sich zum Frühstück eine Maronencreme aufs Brötchen zu schmieren? Oder vielleicht lieber Feige? "Fruchtaufstriche wie diese zählen in Italien zum Standard, in Deutschland dagegen werden sie noch immer als Spezialität angesehen", sagt Holger Theisen, der beim italienischen Zuegg-Konzern als Vertriebschef für Deutschland arbeitet. Doch was den Italienern so sehr schmeckt, ist ein Produkt aus Sachsen-Anhalt. "Wir stellen alle unsere Fruchtaufstriche für den italienischen Markt in Zörbig im Kreis Anhalt-Bitterfeld her", erklärt Theisen. Alles also "Original Zörbiger" - wie das dortige Traditions-Unternehmen heißt, das die Italiener 2001 übernommen haben.

Klassiker ist weiter gefragt

Vor allem viele Ostdeutsche verbinden mit dem Namen "Original Zörbiger" aber ein ganz anderes Produkt: die "Über-Rübe", einen Brotaufstrich mit Zuckerrübensirup. Die Nachfrage nach diesem Klassiker ist noch immer ungebrochen, jedes Jahr werden zwei Millionen Gläser verkauft. "Das überrascht uns selber", sagt Vertriebsleiter Theisen. Angesichts der großen Nachfrage hat sich das Unternehmen neue Ziele gesetzt. "Wir wollen unsere Position als Marktführer im Osten halten, aber auch im Westen Fuß fassen." Die Vorgabe: "In vier bis fünf Jahren wollen wir beim klassischen Handel in allen Regalen stehen."

Hergestellt wird in Zörbig neben dem Zuckerrübensirup auch Konfitüre. Momentan gibt es zwölf Sorten, hinzu kommen fünf Diät-Konfitüren. "Dafür suchen wir nur die allerbesten Früchte aus", versichert der Italiener Virgilio Spera, der das Werk in Zörbig seit 2009 leitet. Dafür hat das Unternehmen ein weltweites Netz an Zulieferern aufgebaut. "Die besten Brombeeren kommen beispielsweise aus Chile", erklärt er. Kirschen werden dagegen aus Griechenland bestellt, Erdbeeren bekommt der Betrieb aus Marokko, Orangen aus Brasilien. "Die Qualität des Obstes ist die Qualität des Endproduktes", so das Motto von Oswald Zuegg, Präsident des Mutterkonzerns. Und so baut Zuegg im Süden Italiens selbst Pfirsiche und Aprikosen an, aus denen später in Zörbig Fruchtaufstriche und Konfitüre hergestellt werden. "Der eigene Anbau wird künftig weiter ausgebaut", sagt Spera.

Im Zörbig werden die verschiedenen Früchte zunächst mit Zucker vermischt und auf 50 Grad erwärmt. Diese Mischung kommt danach in einen der sechs großen Kocher. Dort werden die Früchte anschließend fünf Minuten lang bei 90 Grad gekocht. "Das passiert im Vakuum, so kann das Aroma konserviert werden", sagt Spera. Nach dem Kochen wird alles auf 80 Grad abgekühlt, dann startet die Abfüllung in die Gläser. Von denen rollen täglich 120 000 über die Rollbänder, werden verschlossen, etikettiert und verpackt. Rund 80 Prozent gehen in den Export, insbesondere nach Italien, aber auch nach Österreich.

Der Trend bei den Produkten ist dabei schnell umrissen: "Weniger Zucker, mehr Frucht", fasst Spera die Philosophie der Firma und die Wünsche der Verbraucher zusammen. So werden die Fruchtaufstriche heute auch ohne Zucker hergestellt. Die Früchte, die in den Plantagen in Süditalien wachsen, seien süß genug, so Vertriebsleiter Theisen. Der Fruchtanteil der Konfitüre wiederum beträgt 50 Prozent, bei den Diät-Konfitüren sind es sogar 60 Prozent. "Grundsätzlich will der Kunde heute möglichst natürliche Produkte", sagt Theisen. Deshalb werden viele der Fruchtaufstriche heute ohne Farb-, Aroma- sowie Konservierungsstoffe hergestellt.

Schwieriger Start

Dass das Zörbiger Werk mit seinen heute 51 Mitarbeitern in dem italienischen Konzern eine wichtige Rolle spielt, war 2001 nicht unbedingt zu erwarten. "Die Produkte waren nicht wettbewerbsfähig, und viele Entscheidungen gingen zu Lasten der Qualität", sagt Theisen. Zuegg habe jedoch an die Marke und den Standort geglaubt. Mit den Investitionen waren aber auch konkrete Ziele verbunden. "Natürlich ist es für uns sehr wichtig, in Deutschland, einem der wichtigsten Märkte, vertreten zu sein."

Künftig, so eine der Hoffnungen, müssen die Deutschen nur noch auf den Geschmack der Italiener kommen. Das Interesse an den Fruchtaufstrichen sei durchaus vorhanden, sagt Theisen. "Uns hat dabei geholfen, dass wir etwa mit Feige und Maronencreme Sorten anbieten können, die hier nicht alltäglich sind." Wie auch immer sich die Verbraucher entscheiden, auf den Zuckerrübensirup kann (und will) das Unternehmen nicht verzichten. "Denn damit machen wir so viel Umsatz wie mit allen zwölf Konfitüre-Sorten zusammen."

Nächste Folge: Wie Software aus Magdeburg die Finanzmärkte regelt