Machtkampf zwischen VW und Porsche eskaliert
Wolfsburg/Stuttgart/dpa. - Der Machtkampf zwischen Volkswagen und seinem hoch verschuldeten Großaktionär Porsche über die Zukunft der beiden Autobauer spitzt sich immer mehr zu.
Der Sportwagenbauer wies ein Ultimatum von VW und dem Land Niedersachsen, bis Montag auf ein Rettungsangebot des VW-Konzerns für Porsche einzugehen, scharf zurück. «Erpressen lassen wir uns nicht. Dies hilft niemandem», teilte Porsche am Samstag in Stuttgart mit. «Ultimaten gehören nicht in das 21. Jahrhundert.»
Der angeschlagene Porsche-Chef Wendelin Wiedeking denkt derweil laut einem Interview in der «Bild am Sonntag» nicht ans Aufhören und will den hoch verschuldeten Sportwagenbauer noch bis mindestens 2012 lenken. «Ich habe bei Porsche ein Projekt begonnen, nämlich die Schaffung einer starken Allianz von VW und Porsche. Das möchte ich zu Ende bringen», sagte Wiedeking der Zeitung. «Mein Vertrag läuft bis 2012.» Zu seinem Verhältnis zu Porsche-Miteigentümer und VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch sagte der 56-Jährige: «Was Herrn Piëch angeht, so hat er mir bisher nicht persönlich mitgeteilt, dass er unzufrieden mit mir ist.»
Auf die Frage, ob er persönlich Fehler gemacht habe, sagte Wiedeking: «Wer ohne Fehler ist, werfe den ersten Stein.» Den Vorwurf, er habe Porsche vor die Wand gefahren, wies Wiedeking aber zurück. «Wir schlagen uns auch in der Krise tapfer», sagte der Manager dem Blatt. «Ich jedenfalls kämpfe mit Herz und Energie für Porsche und werde selbstverständlich meiner Verantwortung für Volkswagen gerecht.»
Die Sportwagenschmiede arbeite daran, den im Zuge der VW-Übernahme angehäuften Schuldenberg abzutragen. Die Verhandlungen mit dem Emirat Katar laufen seinen Angaben zufolge gut. «Wir verhandeln mit der Qatar Investment Authority in einer sehr guten und konstruktiven Atmosphäre», sagte Wiedeking. «Entscheiden müssen am Ende aber die Familien Porsche und Piëch, der Porsche-Aufsichtsrat und die Scheichs.»
Zuvor hatte das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» von dem Ultimatum berichtet, mit dem VW und das Land Niedersachsen die Stuttgarter unter Druck setzen. Das Rettungsangebot von VW sei hinfällig, sollte Porsche nicht bald darauf eingehen. In diesem Fall müsse Porsche auch damit rechnen, dass VW im September auf der Rückzahlung eines im März gewährten 700-Millionen-Euro-Kredits besteht. Dies würde die finanzielle Krise von Porsche verschärfen. Außerdem würde das Emirat Katar Porsche dann nicht mehr retten. Die Stuttgarter hatten sich bei der geplanten VW-Übernahme kräftig verhoben.
VW schlägt dem Bericht zufolge den Familien Porsche und Piëch vor, dass der Wolfsburger Konzern der Porsche Holding für drei bis vier Milliarden Euro einen 49-Prozent-Anteil an der Porsche AG abkauft. In einem nächsten Schritt würde das Emirat Katar VW-Aktienoptionen übernehmen, die von der Porsche Holding gehalten werden. Zum Schluss müssten die Unternehmen Porsche und VW fusionieren. Auch der «Focus» berichtete, die VW-Spitze wolle durch den Kompromissvorschlag den Übernahmepoker mit Porsche beenden.
Der Plan sieht laut «Spiegel» vor, dass die Familien Porsche und Piëch an einem Automobilkonzern VW/Porsche mehr als 40 Prozent der Aktien halten könnten, Niedersachsen 20, Katar rund 15 und ein weiterer Staatsfonds fünf Prozent.
In einer gemeinsamen Erklärung von Porsche-Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche und seinem Stellvertreter, Betriebsratschef Uwe Hück, hieß es: «Wir gehen nach wie vor davon aus, dass wir gemeinsam mit VW zum Wohle beider Unternehmen eine erfolgreiche Zukunft planen. Deshalb irritiert uns die Wortwahl dieser Erklärung in hohem Maße.» Eine Erpressung schade der Sache. «Das ist nicht der Stil, der Gemeinsamkeiten fördert.»
Porsche ist mit rund neun Milliarden Euro verschuldet und sucht seit Monaten händeringend neue Geldquellen. Die Stuttgarter besitzen knapp 51 Prozent der Anteile an Europas größtem Autobauer und halten mit Hilfe der Banken Aktienoptionen über weitere bis zu 24 Prozent. Das Land Niedersachsen hält knapp mehr als 20 Prozent an VW und hat durch das umstrittene VW-Gesetz ein Vetorecht bei wichtigen Entscheidungen.
Porsche verhandelt seit längerem mit dem Emirat Katar über einen Einstieg. Nach dpa-Informationen sind weiter drei Varianten im Gespräch. Eine Möglichkeit ist, dass das Emirat direkt bei der Porsche Holding SE einsteigt. Zuletzt war immer wieder eine mögliche Beteiligung von 25 Prozent oder knapp 30 Prozent im Gespräch.
Eine zweite Variante ist, dass Katar Porsche seine Optionen auf VW-Aktien im Umfang von bis zu 24 Prozent abkauft und zum dritten Großaktionär von VW wird. Als dritte Möglichkeit wird dem Vernehmen nach eine Kombination beider Konzepte gehandelt. Alle drei Lösungen könnten dem klammen Sportwagenbauer mehrere Milliarden Euro in die Kasse spülen. Bislang hatte das Emirat eine Entscheidung bis Ende kommender Woche in Aussicht gestellt.
Ein VW-Sprecher wollte die Berichte nicht kommentieren. Ein Sprecher der niedersächsischen Staatskanzlei sagte: «Wir setzen auf ein gutes Ergebnis für VW und Porsche und kommentieren deshalb Spekulationen nicht.» Außerdem sei zwischen den Beteiligten Vertraulichkeit vereinbart worden. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hatte vor zwei Wochen in einem Interview gefordert, innerhalb der kommenden zwei Wochen solle eine Entscheidung über den künftigen Weg von Porsche getroffen werden.