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Luftverkehr Luftverkehr: Streik bei den deutschen Fluglotsen vorerst abgewendet

05.01.2007, 14:52
Luftraumüberwachung durch die deutsche Flugsicherung und kontrollierte Flüge (Grafik: dpa)
Luftraumüberwachung durch die deutsche Flugsicherung und kontrollierte Flüge (Grafik: dpa) dpa

Frankfurt/Main/dpa. - Damit gilt für 14 Tage eine Friedenspflicht, inder Arbeitskämpfe nicht erlaubt sind. Als Schlichterin ist diefrühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) imGespräch, die bereits bei einem früheren Lotsen-Tarifstreit von derArbeitnehmerseite benannt worden war. Ein Streik bei der rund 5300Mitarbeiter zählenden Flugsicherung hätte hunderttausende Passagierein ganz Europa treffen können.

Die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) zeigte sich grundsätzlichmit der Anrufung eines Schlichters einverstanden: «Es ist die einzigeMöglichkeit, wie man auf beiden Seiten da ohne Gesichtsverlustherauskommen kann», sagte GdF-Sprecher Hans-Joachim Krüger. DieVorbereitungen für einen Streik an den verschiedenen Standorten wieFrankfurt, Karlsruhe oder München seien allerdings abgeschlossen. Beieinem Scheitern der Gespräche könne ab dem 20. Januar gestreiktwerden. Das Schlichtungsverfahren sieht vor, dass der Schlichtereinen Vorschlag ausarbeitet, dem beide Seiten dann zustimmen müssen.

Die Verhandlungen für die 5300 Beschäftigten der Flugsicherungwaren im November für gescheitert erklärt worden. Die Gewerkschafthatte daraufhin mit massiven Streiks gedroht, bei denen bis zu dreiViertel des Luftverkehrs in Deutschland zum Erliegen gekommen wären.Am Mittwoch legten die Arbeitgeber dann erstmals ein konkretesAngebot vor, dass die Gewerkschaft am Freitag aber als ungenügend undunvollständig ablehnte.

In der Frage der Anhebung der Gehälter liegen beide Seiten nichtweit voneinander entfernt: Die Arbeitgeber bieten drei Prozent mehrLohn, die Gewerkschaft fordert vier Prozent. Der Gewerkschaft geht esaber vor allem auch um eine neue Tarifstruktur, die nach Einschätzungaus der Branche für den Arbeitgeber teurer als die rein prozentualeAnhebung werden könnte.

Mit der Strukturänderung will die Gewerkschaft nach eigenenAngaben vor allem erreichen, dass die Einkommen einigerMitarbeitergruppen nicht im Rahmen der geplanten Privatisierung derFlugsicherung deutlich reduziert werden. Zudem betonen dieArbeitnehmervertreter, in den Verhandlungen gehe es nicht allein umdie nach Angaben der Arbeitgeber relativ gut verdienenden Fluglotsen,sondern «zum überwiegenden Teil um normal verdienende Schreibkräfte,Sachbearbeiter, Techniker und andere mehr.» Fluglotsen verdienen inDeutschland nach Angaben von Gewerkschaft und Arbeitgebern zwischen55 000 und 100 000 Euro brutto im Jahr.

Die von der Bundesregierung geplante weitgehende Privatisierungder Flugsicherung, die nun auch in den Tarifstreit hineinspielt, wirdvon der Gewerkschaft ohnehin skeptisch gesehen. Sie fürchtet um dieSicherheitsstandards etwa bei der Ausbildung der Lotsen, wenn einneuer Investor nur auf Rendite aus ist. Interesse an derFlugsicherung hatten sowohl Airlines als auch Finanzinvestorengezeigt. Nachdem das bisherige Gesetz zur Privatisierung anverfassungsrechtlichen Bedenken des Bundespräsidenten gescheitertwar, wird in diesem Jahr mit einem neuen Anlauf gerechnet.

Die Arbeitgeber wollen nun in den nächsten Tagen einen Schlichterformal anrufen. Erst mit Anrufung des Schlichters beginnt dieFriedenspflicht. Da die Gewerkschaft Streiks aber 24 Stunden vorabankündigen muss, hat die Flugsicherung nach eigener Einschätzung nochgenügend Zeit, um einen Streik zum jetzigen Zeitpunkt sicher zuverhindern. Bereits bei einer früheren Tarifauseinandersetzung beider Flugsicherung war es zu einer Schlichtung gekommen, damals unterdem früheren Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (CDU).

Der Chef der Fluggesellschaft Air Berlin, Joachim Hunold, erwartetwegen der hohen Lohnforderungen steigende Flugpreise. «Ob mit oderohne Streik - am Ende wird es in jedem Fall zu einem teurenTarifabschluss kommen, den zunächst die Fluggesellschaften überhöhere Gebühren, am Ende aber Passagiere über höhere Preise bezahlenmüssen», sagte Hunold der «WirtschaftWoche» laut einer Vorabmeldung.

Nach Einschätzung der Gewerkschaft würde dies aber allenfallsCentbeträge pro Ticket ausmachen. Hunold, der auch Präsident desBundesverbandes der Deutschen Fluggesellschaften ist, kritisierteeine «Monopolstellung» der Fluglotsen und forderte eineprivatwirtschaftlich organisierte europäische Flugsicherung.