Lufthansa-Streik: 70 Flüge fallen aus
Frankfurt/Main/dpa. - Nach den ersten Stilllegungen von Flugzeugen wegen des Streiks bei der Lufthansa müssen Passagiere in den nächsten Tagen verschärft mit Ausfällen und Verspätungen rechnen.
«Die Auswirkungen auf den Flugverkehr nehmen jetzt von Tag zu Tag zu», sagte ver.di-Verhandlungsführer Erhard Ott am Dienstag. 70 Flüge in Europa mussten am zweiten Streiktag gestrichen werden, nachdem Techniker neun Maschinen nicht gewartet hatten. Von den Ausfällen seien aber nur etwa drei Prozent aller Flüge betroffen, erklärte das Unternehmen. Lufthansa verfügt insgesamt über mehr als 500 Flugzeuge.
«Die Streiks wirken», sagte Ott. Am Dienstag hätten sich wie bereits am Vortag etwa 5000 Beschäftigte an dem Streik beteiligt. Die Kosten für Lufthansa durch Buchungsrückgänge und die Vergabe von Wartungs- und Cateringaufträgen an Drittfirmen seien hoch. Lufthansa habe es in der Hand, durch ein verbessertes Angebot die Beeinträchtigungen für die Passagiere abzuwenden.
Die Gewerkschaft ver.di hatte neben den Schwerpunkten in Frankfurt und Hamburg erstmals auch Berlin in die Arbeitskämpfe einbezogen. Am Abend sollte Stuttgart folgen. «Ab Dienstagabend sind alle Standorte der Lufthansa in Deutschland in den Arbeitskampf einbezogen», hieß es in einer ver.di-Mitteilung. Allerdings seien die Geschäftsfelder je nach Standort unterschiedlich in dem seit Montag 0.00 Uhr laufenden Streik einbezogen.
Nach Einschätzung des Tarifexperten Hagen Lesch vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) kann der Streik angesichts konkurrierender Gewerkschaften bei Lufthansa verheerende Folgen haben. «Da geht es dann um das Aufschaukeln von Lohnforderungen», sagte Lesch. «ver.di will ihren Mitgliedern zeigen, dass sie alles tut, um das Maximale herauszuholen.» Dadurch könne die Gewerkschaft auch neue Mitglieder gewinnen.
Die Arbeitsniederlegungen betreffen vor allem die Wartung und das Catering. In diesen Bereichen hat ver.di relativ viele Mitglieder. Das Kabinenpersonal, dass meist bei der konkurrierenden Gewerkschaft UFO organisiert ist, beteiligte sich nicht. UFO will später 15 Prozent mehr Geld durchsetzen, ver.di fordert 9,8 Prozent. Auch die Piloten der Konzernmutter, die von der Vereinigung Cockpit vertreten werden, befinden sich nicht im Streik. Hier drohen aber Arbeitskämpfe bei zwei Töchtern.
Die Lufthansa versucht mit einem Bündel an Maßnahmen, die Folgen für die Passagiere abzufedern. Bei den gestrichenen Flüge handelte es sich jeweils um Strecken, die mehrfach täglich bedient werden. Daher konnten Flüge zusammengelegt werden, sagte ein Sprecher. Vereinzelt sei auf innerdeutschen Strecken auch das Catering eingeschränkt gewesen. Die Folgen für die Fluggäste seien insgesamt aber gering gehalten worden.
Nach Angaben von ver.di setzt das Unternehmen bei der Verpflegung auf Drittfirmen. Für die technische Wartung würden ausländische Fluggesellschaften, die ihre Maschinen in Deutschland normalerweise von Lufthansa warten lassen, inzwischen mit eigenen Technikern anreisen. «Das kostet richtig Geld», sagte ver.di-Sprecher Harald Reutter.
Die Gewerkschaft werde den Arbeitskampf fortsetzen, bis Lufthansa ein deutlich verbessertes Angebot signalisiere. «Die Einladungen zu Kaffeekränzchen reichen nicht», sagte Reutter zu der Aufforderung von Lufthansa, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Es sei bereits in vier Runden erfolglos verhandelt worden, nun müsse das Unternehmen sich bewegen. «Wir sind notfalls in der Lage, die Streiks lange aufrechtzuhalten», sagte der Sprecher.
Lufthansa-Sprecher Klaus Walther forderte die Gewerkschaft ver.di auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. «Das Angebot liegt auf dem Tisch und Verhandlungen sind aus unserer Sicht jederzeit und sofort möglich. Unsere Türen sind offen. Wir sind dialogbereit», sagte Walther im Nachrichtensender n-tv.
Die Gewerkschaft fordert für rund 50 000 Lufthansa-Beschäftigte am Boden und in der Kabine 9,8 Prozent mehr Geld. Lufthansa hatte zuletzt gestaffelt 6,7 Prozent mehr Geld bei 21 Monaten Laufzeit und eine Einmalzahlung angeboten.
Am größten Berliner Flughafen Tegel wurden am zweiten Streiktag fünf Flüge gestrichen - drei von insgesamt 13 Flügen zum Drehkreuz Frankfurt sowie zwei von 14 Flügen nach München, wie ein Unternehmenssprecher sagte. Die Passagiere seien aber auf andere Verbindungen umgebucht worden. In Düsseldorf wurden sechs innerdeutsche Flüge gestrichen. In Stuttgart waren für den Abend 60 Techniker und Servicemitarbeiter zum Streik aufgerufen.
Nach Einschätzung von Experten kann ein längerer Streik für Lufthansa vor allem Einbußen bei den Geschäftsreisenden nach sich ziehen. «Mit Vollzahlern der Business- und First-Class verdient das Unternehmen Geld», sagte der Hamburger Luftfahrt-Experte Cord Schellenberg.