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Literaturnobelpreis Literaturnobelpreis: Österreich muss feiern

Von Christian Eger 07.10.2004, 18:20

Halle/MZ. - Alle Fragen abgezogen, die an einkünstlerisches Werk oder an eine Kunstauszeichnungimmer zu stellen sind, bleibt der Literaturnobelpreis,der Elfriede Jelinek zugesprochen worden ist,ein prima Politikum. Eine Autorin, die denHass auf ihr Heimatland Österreich geradezuvor sich her trägt, die aus diesem Hass nichtwenig Energie zieht, erhält den höchstdotiertenLiteraturpreis der Welt.

Man hätte gestern gern dabei sein wollen,als in der Wiener Staatskanzlei das Telefonschrillte: "Jessas, Herr Schüssel, die Jelinekkriegt aa no den Nobelpreis!" Es dauerte,bis das erste offizielle Wort aus Wien eintraf.Das sprach davon, dass die Autorin für Österreichs"gesellschaftliches Leben unverzichtbar" gewordensei. Das ist übertrieben. Als Jelinek 1996aus Protest gegen Haider ein Aufführungsverbotfür ihre Stücke in Österreich verhängte, warkeine Wiener Gegenwehr zu spüren.

Der österreichische Hang zur Idylle hat psychosozialeGründe: eine große Geschichte bis 1918, einlächerlicher Abgang danach. Österreichs Star-Künstlerleben gern fern der Heimat: Peymann in Berlin,Handke bei Paris. Nur die Jelinek ist geblieben,mit Zweitwohnsitz München. Dieser Nobel- istaber kein Trostpreis: Die Jelinek sucht stetsden Konflikt - und das ist die Kunst.