Leopoldina Leopoldina: Stimmen der Wissenschaft
Halle (Saale)/MZ/jkl. - Warum hält der Astronom Kopernikus ein Maiglöckchen in der Hand? Und ist der Mann auf der Abbildung überhaupt Nikolaus Kopernikus? Diesen Fragen ging der Biophysiker Max Delbrück in einem Vortrag im Damenprogramm (Programm für die Ehefrauen der Wissenschaftler) bei der Leopoldina-Jahresversammlung 1967 nach. Seit dieser Woche kann man einen Ausschnitt aus der Rede im Internet hören. Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat die Audiodatei gemeinsam mit einem Ausschnitt aus der Rede des damaligen Leopoldina-Präsidenten Kurt Mothes von 1967 und dem Ausschnitt aus einem Vortrag des Leopoldinamitglieds Carl Friedrich von Weizsäcker von 1977 veröffentlicht.
Anlass ist ein Archivierungsprojekt der Leopoldina. 161 Magnettonbänder sind vollständig digitalisiert worden und der Forschung nun leichter zugänglich, sagte Danny Weber, Leiter des Leopoldina-Archivs. Neben dem einfacheren Zugang zu den Tondokumenten, der nun auch über das Internet ermöglicht werden kann, sei der Erhalt der Aufnahmen Hauptgrund für das Vorhaben gewesen. "Für die Erhaltung von Magnettonbändern muss man hohe Anforderungen erfüllen, zum Beispiel die richtigen klimatische Bedingungen schaffen", sagt Weber. Und auch wenn alle Anforderungen unter anderem an Temperatur und Luftfeuchtigkeit, erfüllt seien, nähmen die empfindlichen Materialien über die Jahre Schaden. Als digitale Dokumente seien die Vorträge und Diskussionsbeiträge aus der Leopoldina-Geschichte einfacher zu erhalten, erklärt der Chefarchivar.
395 Stunden Tonmaterial aus den Jahren 1959 bis 1991 liegen nun digitalisiert vor. "Die Dokumente enthalten Reden hochkarätiger Wissenschaftler", sagt Weber. Er persönlich hält die Rede Kurt Mothes' von der Jahresversammlung 1967 für eines der spannendsten Dokumente der Sammlung. Der damalige Leopoldina-Präsident habe sich darin mutig gegen eine Einmischung der SED in die Arbeit der Wissenschaftler ausgesprochen. Eher heiter dagegen ist der eingangs erwähnte Vortrag über Kopernikus und das Maiglöckchen.
Die Vorträge wurden ursprünglich aufgezeichnet, um sie anschließend als Abschriften in Leopoldina-Veröffentlichungen abzudrucken. Viele dieser Schriften finden sich ebenfalls im Archiv der Nationalakademie. Dennoch: Als gesprochenes Wort ihrer Verfasser entfalten diese Texte eine größere Wirkung als gedruckt.