Leitzinsen in Japan auf 0,3 Prozent gesenkt
Tokio/dpa. - Die japanische Zentralbank hat aus Sorge um die Folgen der globalen Finanzkrise auf Japans Wirtschaft erstmals seit über sieben Jahren den Leitzins gesenkt. Die Bank von Japan (BoJ) nahm den Tagesgeldsatz am Freitag von 0,5 Prozent auf 0,3 Prozent zurück.
An den Märkten war eine deutlichere Senkung um einen vollen Viertelprozentpunkt erwartet worden. Notenbankgouverneur Masaaki Shirakawa gab die ausschlaggebende Stimme ab, da vier Ratsmitglieder gegen die Entscheidung und die übrigen vier dafür waren. Angesichts der Finanzkrise hatten auch Notenbanken in Europa und den USA die Leitzinsen gesenkt. Experten sprechen von koordiniertem Vorgehen.
Japans Zentralbank hatte den Tagesgeldsatz die vergangenen 20 Monate unverändert bei 0,5 Prozent belassen mit dem Argument, dass die Kosten für Kredite bereits sehr niedrig seien. Wie Notenbank- Gouverneur Shirakawa erläuterte, hatten drei der vier Ratsmitglieder, die die Zinsentscheidung am Freitag ablehnten, für eine noch stärkere Senkung um 0,25 Prozentpunkte plädiert. Ein Mitglied des Rates argumentierte für eine Beibehaltung des Zinssatzes bei 0,5 Prozent. Shirakawa betonte jedoch, dass alle Ratsmitglieder darin übereinstimmten, dass Japans Wirtschaftsaussichten düster seien.
Die Unsicherheiten hätten sich angesichts des Abschwungs der Weltwirtschaft «deutlich erhöht», sagte der Notenbank-Gouverneur. Sein Institut korrigierte die Wachstumsprognose für das noch bis 31. März 2009 laufende Fiskaljahr wegen der Auswirkungen der globalen Finanzkrise deutlich auf nur noch 0,1 Prozent nach unten. Bislang war die Zentralbank für Japan von 1,2 Prozent Wachstum ausgegangen. Die wirtschaftlichen Aktivitäten hätten sich unter anderem wegen des Exportrückgangs zunehmend verlangsamt.
So soll die Senkung des Zinssatzes für Tagesgeld auf 0,3 Prozent helfen, einen weiteren Anstieg des Yen zu verhindern. Im Zuge der Finanzkrise war die japanische Währung seit geraumer Zeit rasant zu anderen wichtigen Währungen wie dem Dollar und Euro gestiegen, was die Aktienbörse abstürzen ließ und die Bilanzen der von Exporten stark abhängigen japanischen Unternehmen erheblich belastet.
Eine Zinssenkung werde vermutlich wenig ausrichten, um die Wirtschaft anzukurbeln, sagte Teizo Taya, ein früheres Zentralbankmitglied und Berater des Daiwa Research Institute, am Freitag ausländischen Journalisten. Doch die Bank von Japan habe vermutlich befürchtet, inmitten der globalen Finanzkrise als zu rigide in ihrer Geldpolitik angesehen zu werden. Nach Ansicht des früheren Vize-Finanzministers Eisuke Sakakibara, bekannt auch als «Mr. Yen», steckt Japan wahrscheinlich bereits in einer Rezession.
Bis sich die Weltwirtschaft von der gegenwärtigen Finanzkrise, die in dieser Form nur alle hundert Jahre vorkomme, erhole, werde es mindestens zwei bis drei Jahre dauern, erklärte der Wirtschaftsexperte und heutige Professor an der Tokioter Elite- Universität Waseda vor ausländischen Journalisten. Die Regierung begrüßte derweil die Zinsentscheidung der Notenbank. Die Finanzkrise betreffe die ganze Welt, daher sei ein «international koordiniertes Vorgehen wichtig», sagte Vize-Finanzminister Wataru Takeshita.
Die Börse in Tokio zeigte sich indes unbeeindruckt, da eine Zinssenkung bereits erwartet worden war. Der Nikkei-Index an Tokios Börse fiel nach Gewinnmitnahmen um fünf Prozent und ging beim Stand von 8576,98 Punkten in ein feiertagsbedingt verlängertes Wochenende.
Die Zentralbank beschloss außerdem eine Reihe weiterer geldpolitischer Lockerungsschritte, darunter die Zahlung von Zinsen auf Zentralbankreserven der Geschäftsbanken des Landes. Dies soll die weitere Liquiditätszufuhr in den Geldmarkt erleichtern. Zudem beschloss die BoJ einstimmig, den Lombardsatz für Kredite an Finanzinstitute des Privatsektors von 0,75 auf 0,5 Prozent zu senken.
Die Senkung des Tagesgeld- und des Lombardsatzes gelten mit sofortiger Wirkung, hieß es. Die BoJ hatte zuletzt den Leitzins im Februar 2007 um 0,25 Prozentpunkte auf 0,5 Prozent erhöht. Es war die erste Erhöhung seit Juli 2006, als die Zentralbank nach sechsjähriger Null-Zins-Politik den Satz für Tagesgeld auf 0,25 Prozent angehoben hatte.