Leipzig liest Leipzig liest: Eine Stadt im Literaturfieber

Leipzig/dpa. - Herbert Grönemeyer rezitiert im Theater Gedichte, Roman Herzog beleuchtet in der Deutschen Bundesbank «Das Dilemma derDemokratien» und Sarah Kuttner liest in einem Kino aus ihrem«Mängelexemplar». Parallel zur Leipziger Buchmesse (12.-15. März) heißt es in diesem Jahr zum 19. Mal «Leipzig liest». Vier Tage und Nächte lang wird die ganze Stadt zur Lesebühne. An mehr als 300 Spielstätten wollen bei Europas größtem Lesefest 1500 Schriftsteller aus aller Welt ihre Fans in den Bann ziehen. «Es ist ein furioses, vielfältiges und spannendes Programm», verspricht Buchmesse-Direktor Oliver Zille, der selbst das Lesen als Jugendlicher für sich als Hobby entdeckt hat.
Schauspieler, Musiker, Politiker, Sportler und Moderatorenbeteiligen sich am Lese-Marathon. Ex-«Tatort»-Kommissar Peter Sodann etwa liest Karl May-Werke, Ulrich Noethen Leo Tolstois «Krieg und Frieden» und Marie Gruber Texte von der sächsischen Mundart-Autorin Lene Voigt. Blixa Bargeld, Sänger der Einstürzenden Neubauten, präsentiert an einer kleinen Theaterbühne sein Buch «Europa kreuzweise» und Kollege Bela B. von den Ärzten widmet sich im legendären Leipziger Konzertclub «Anker» dem Buch «Kill your friends» von John Niven, der darin einen Blick hinter die Kulissen der Musikindustrie im England der späten 90er Jahre wirft. Der Fehlfarben-Sänger und Punkpionier Peter Hein hingegen liest eigene Songtexte - von 1979 bis 2009.
Fußball-Urgestein Rainer «Calli» Calmund spricht über seineAutobiografie «Fußballbekloppt!» und Schwimmstar Franziska vanAlmsick hat ihr Kinderbuch «Paul Plantschnase am Meer» im Gepäck. Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) ist im bedeutsamen Jahr der Bundestagswahl unter die Literaten gegangen. Er präsentiert sein Buch «Unser Deutschland». Gesine Schwan (SPD), wie Peter Sodann Kandidatin für das Bundespräsidentenamt, liest aus ihrem neuen Werk «Woraus wir leben. Das Persönliche und das Politische».
Für das Lesefest typisch ist auch die geschickte Kombination vonThemen und Orten. Am ehemaligen Bayrischen Bahnhof etwa ist dereinstige Lokführergewerkschafts-Chef Manfred Schell mit «Die Lokzieht die Bahn» zu Gast. Bei der Aids-Hilfe gibt es eine «Schwule Buchnacht», im einstigen Wohnhaus von Robert und Clara Schumann wird aus Briefwechseln zwischen dem Komponisten und seinem Kollegen Mendelssohn Bartholdy gelesen und der Fantasy- und Kinderbuchautor Thomas Endl kommt direkt zu seinen Fans: Er liest an einer Grundschule aus seinem neuen Roman «Karfunkelstadt».
Traditionell gehört der Abend des Buchmesse-Donnerstags den jungen Wilden des Literaturbetriebes, die sich seit einigen Jahren bei der «Langen Leipziger Lesenacht» im stets überfüllten Studentenclub «Moritzbastei» die Klinke in die Hand geben. «Diesmal sind es 50 Autoren, sie werden bis in den Morgen lesen - auf Musik und Disco wird wegen der gewachsenen Zahl der Teilnehmer diesmal verzichtet», kündigte Zille an. Mit dabei sind zum Beispiel Juli Zeh, Benjamin Lebert, Jens Friebe, Christopher Kloeble, Kirsten Fuchs und Mia Ming.
