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Leipzig Leipzig: «Leiharbeiter seit Jahren im BMW-Werk»

Von Steffen Höhne 02.02.2012, 13:27

Leipzig/MZ. - Das BMW-Werk Leipzig ist eine Erfolgsgeschichte. Fast von Jahr zu Jahr konnte das Werk seit der Eröffnung 2005 die Produktion erhöhen. Im vergangenen Jahr liefen täglich 740 Fahrzeuge der Typen X1 und 1er vom Band. 2013 soll aus Leipzig das erste serienreife Elektroauto kommen.

Auch SPD-Chef Gabriel verärgert

Einen großen Anteil an dieser Entwicklung hat die Belegschaft des Werkes. Doch um diese steht es nach Ansicht des Betriebsrates in Teilen nicht so rosig bestellt. Im BMW-Werk arbeiten derzeit 2 700 Stammkräfte zusammen mit 1 120 Leiharbeitern. Seit Jahren bemängeln Betriebsrat und Gewerkschaft die hohe Leiharbeiterquote. „Um flexibel die Produktion zu steuern, sind Leiharbeiter nötig“, sagt auch Betriebsratschef Jens Köhler, „allerdings nicht in diesem Ausmaß.“ Die Leiharbeiter würden in allen Teilen der Produktion eingesetzt - vom einfachen Bandarbeiter bis zum Ingenieur. „Einige arbeiten schon Jahre im Werk“, so Köhler. Die Verträge würden in der Regel für ein Jahr abgeschlossen. Deswegen geht der Betriebsrat nun auf Konfrontation mit dem Unternehmen. Die Arbeitnehmervertreter verweigerten die Zustimmung für die Einstellung neuer Leiharbeiter. Dies wird für das Werk zum Problem, will man die Produktion sichern. BMW hat daher umgehend beim Arbeitsgericht Leipzig einen Antrag gestellt, dass das Gericht die Zustimmung für Neueinstellungen gibt - anstatt des Betriebsrates. Am 15. Februar ist die erste Verhandlung.

Nach Ansicht von Köhler ist die Situation nicht mehr hinnehmbar. „Die Leiharbeiter müssen von Jahr zu Jahr um ihren Job bangen“, sagt er. Es gebe aus seiner Sicht durchaus Spielräume, die Stammbelegschaft stärker zu erhöhen. Köhler bekommt dabei prominente Unterstützung von SPD-Chef Sigmar Gabriel. „Was mich ärgert: Obwohl das Unternehmen dauerhaft brummt, ist mehr als ein Drittel der Belegschaft in Leiharbeit beschäftigt. Die ursprüngliche Idee der Leih- und Zeitarbeit war es, Produktionsspitzen abzudecken. Was da bei BMW in Leipzig - und natürlich auch in anderen Firmen - passiert, halte ich für einen Missbrauch der Leiharbeit“, schrieb Gabriel auf Facebook.

Konzern will Flexibilität

Dies sieht BMW anders. „Die Leiharbeiter geben dem Unternehmen die Möglichkeit, die Produktion sehr flexibel zu gestallten“, sagt Unternehmenssprecher Jochen Müller. Dies sei wegen schwankender Absätze nötig. So hatte sich BMW während der Wirtschaftskrise 2009 von fast allen seinen Leiharbeitern getrennt. „Wir konnten damals trotz deutlicher Absatzrückgänge in den schwarzen Zahlen bleiben“, sagt Müller. Mit dem Aufschwung hat BMW nun wieder kräftig Leiharbeiter an Bord geholt - und dies nicht nur in Leipzig. Im BMW-Werk Dingolfing sollen laut Betriebsrat neben 18 000 Stammkräften 3 000 Leiharbeiter arbeiten. In Regensburg ist das Verhältnis etwa 9 000 zu 2 000. Die höhere Leiharbeiterquote in Leipzig begründet Müller mit dem starken Wachstum des Werkes und vielen neuen Modellen. Wie der Arbeitsgerichtsstreit ausgehen könnte, dazu will niemand eine Prognose wagen. Müller sagt, Kern des Streits sei die Frage, ob es eine zeitliche Befristung zum Einsatz von Leiharbeitern gibt. „Wir sagen: nein.“ Er weist darauf hin, dass 2011 in Leipzig 250 Mitarbeiter neu fest eingestellt wurden - 170 davon waren zuvor Leiharbeiter.

Sowohl Unternehmen als auch Betriebsrat betonen, dass die Leiharbeiter bei BMW das gleiche Grundgehalt erhalten wie die Stammkräfte. Boni für den Konzernerfolg wie sie die BMW-Mitarbeiter in diesem Jahr erhalten, bekommen die Leiharbeiter freilich nicht. Mit seinem Veto gegen die hohe Zahl von Leiharbeitern will Betriebsrat Köhler die Münchner Unternehmensführung wach rütteln: „Es ist doch ganz offensichtlich, dass in Leipzig etwas im Argen liegt.“