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Landwirtschaft Landwirtschaft: Preise für Weizen, Mais und Raps auf Rekordniveau

Von Andreas Hummel 04.12.2006, 08:41

Hamburg/dpa. - Weizen, Mais und Raps sind zu heiß begehrtenRohstoffen avanciert. War die Tonne Brotweizen vor einem Jahr inDeutschland noch für unter 95 Euro zu haben, kostete sie in dervergangenen Woche knapp 136 Euro (Erzeugerpreis): Ein Aufschlag vonmehr als 40 Prozent. Zwar wurden solche Preisschwankungen auch in derVergangenheit beobachtet, doch Experten sehen langfristig einenanhaltenden Trend zu höheren Preisen bei Agrarrohstoffen. EineEntwicklung, von der die Ackerbauern als Erzeuger profitierendürften.

Zwar werde sich das derzeitige Preisniveau abschwächen, schätztKlaus-Jürgen Gern vom Institut für Weltwirtschaft an der UniversitätKiel. «Langfristig ist aber mit höheren Preisen als im Durchschnittder letzten zehn Jahre zu rechnen.» Grund dafür ist vor allem diegrößer werdende Nachfrage: Einerseits steigt der Verbrauch derwachsenden Weltbevölkerung stetig; andererseits wächst der Bedarf vonAgrarrohstoffen zur Energieerzeugung in Form von Bioethanol undBiodiesel. In den kommenden Jahren werde der weltweiteGetreideverbrauch um 15 Prozent zunehmen, prognostiziert KlausSchumacher, Marktanalyst bei Toepfer International in Hamburg.

Den jüngsten Anstieg führen Experten neben der steigendenNachfrage vor allem auf Ernteausfälle etwa in Australien zurück. «Beiden Agrarrohstoffen befinden wir uns in einer absolut naturabhängigenSituation», betont Schumacher. Im jüngsten Bericht desInternationalen Getreiderates (IGC) wird die diesjährigeWeizenproduktion auf 587 Millionen Tonnen weltweit geschätzt, 31Millionen weniger als im Vorjahr; die Prognose für den Verbrauchliegt bei 607 Millionen Tonnen.

Angesichts dessen verringern sich die staatlichen Reserven und dereinstige Getreideberg der EU schrumpft zu einem Hügelchen zusammen.Lagen die staatlichen Reserven in Europa im Juli dieses Jahres nochbei rund 14 Millionen Tonnen, werden es im Juni 2007 nur noch vierbis fünf Millionen sein, schätzt Schumacher.

So mahnt der Analyst ein Umdenken bei der EU-Agrarpolitik an: «Wirmüssen nachdenken, ob Flächenstilllegungen noch ein zeitgemäßesInstrument sind.» Deutschland müsse dies während seiner EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 auf die Tagesordnungsetzen, fordert Schumacher. In Deutschland sind nach Angaben desBundesagrarministeriums rund eine Million Hektar von der Stilllegungbetroffen; die Bauern erhalten dafür Prämien. In einigen Länderndroht zudem die fruchtbare Ackerfläche wegen Umweltproblemen zuschrumpfen. Vor allem Regionen in China und Zentralasien hätten mitWüstenbildung und Versalzung des Bodens zu kämpfen, berichtet derKieler Wissenschaftler Gern.

Wird ein Agrarrohstoff knapp, so löst das mitunter eineKettenreaktion bei der Nachfrage im gesamten Sektor aus. «Wenn etwader Mais teurer wird, wird er als Futtermittel durch andere Rohstoffeersetzt, beispielsweise durch Weizen oder Gerste», erklärt Gern.Gerade der Mais hat sich in diesem Jahr stark verteuert und ist Zielvon Spekulanten geworden, wie der IGC berichtet. Die US-Mais-Terminkontrakte haben ein 10-Jahres-Hoch erreicht. In den USA wirdMais auch zur Herstellung von Bioethanol verwendet.

Die höheren Preise dürften vor allem die Viehbauern belasten: Eskönnte ihnen schwer fallen, die steigenden Futterkosten in höherePreise für Milch, Eier und Fleisch umzumünzen. Doch die Verbrauchersind nach Einschätzung der Experten lediglich in Einzelfällen von derHausse bei den Agrarrohstoffen betroffen. «Der Wert des Mehles imBrötchen beläuft sich auf weniger als einen Cent», erklärtSchumacher. «Das gilt für viele Lebensmittel.»

Doch der Verband der Teigwarenhersteller und Hartweizenmühlen hatbereits vor einigen Wochen Preiserhöhungen für Nudeln angekündigt.Grund seien die wegen geringerer Ernten um etwa 30 Prozentgestiegenen Preise für Hartweizen. Auch die Braugerste ist knappgeworden. «Nach objektiven Kriterien sind Preisanhebungen beim Bierangezeigt», sagt Peter Hahn vom Deutschen Brauer-Bund. Denn nicht nurdie Braugerste sondern auch Hopfen und Energie seien teurer geworden.