Landwirtschaft Landwirtschaft: Merkel macht Milchkrise zur Chefsache

Berlin/dpa. - Am Freitag traf sie sich mit 16Bäuerinnen im Kanzleramt. Sie wolle die Regelung der Milchquote beimTreffen mit den EU-Staats- und Regierungschefs im Juni ansprechen,sagte Merkel nach Teilnehmerangaben. Konkrete Zusagen machte dieKanzlerin nicht. Die neun Landfrauen, sechs Milchviehhalterinnen undeine Kleinbäuerin zogen eine positive Bilanz des Treffens. VieleBauern sehen ihre Existenz wegen der Talfahrt der Milchpreise und derWirtschaftskrise bedroht. Tausende Bauern demonstrierten in Frankfurtfür Hilfen.
Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) sagte der DeutschenPresse-Agentur dpa: «Die Bundeskanzlerin und ich werden alles tun, umdie Situation der Milchbauern zu verbessern.» Die MilchviehhalterinGabriele Stockhoff sagte nach dem Treffen mit Merkel: «Wir haben ihrdeutlich gemacht, dass jetzt gehandelt werden muss, sonst werden inden nächsten Monaten etliche Betriebe sterben.» Die Bäuerin ChristineSchneebichler, die Mitte Mai am Hungerstreik teilnahm, sagte: «Wirkönnen uns diese Politik nicht mehr gefallen lassen, weil wir umunsere Existenz kämpfen.» Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalterhofft, dass das Auslaufen der EU-Milchmengengrenze 2015 zurDisposition steht und fordert, die stufenweise Erhöhung zu kippen.
Landfrauenpräsidentin Brigitte Scherb sieht viele Bauern bedroht.«Was im Moment auf den Höfen abgeht (...), ist existenzbedrohend.»Scherb geht davon aus, dass die geplante Abschaffung der Milchquote2015 bestehen bleibt. Merkel wolle jedoch darüber nachdenken, wie dasAuslaufen der Quote abgefedert werden könne. Die Arbeitsgemeinschaftbäuerliche Landwirtschaft, ein Zusammenschluss von Kleinbauern,nannte Merkels Ankündigungen immerhin einen ersten Schritt.
Aigner sagte, Merkel werde beim nächsten EU-Gipfel die Situationbei der Milchquote ansprechen. Derzeit gibt es keine Mehrheit dafür,die stufenweise Anhebung der Milchquote auszusetzen. «Es ist aberauch klar, dass gleichzeitig nach Alternativen geschaut werden muss.»Sie nannte Absatzförderung als Beispiel.
Die Große Koalition plant Zinshilfen und eine Entlastung bei derAgrardieselsteuer. Die Hilfen sind nach Ansicht der Milchviehhalteraber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. «Durch die niedrigenPreise verliert so ein durchschnittlicher Betrieb etwa 50 000 Euro imJahr an Milchgeld. Billigerer Agrardiesel wiegt aber nur etwa 1000Euro auf», sagte Verbandschef Romuald Schaber der Deutschen Presse-Agentur dpa. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sprach sich dafür aus,die Position der Milcherzeuger gegenüber dem Handel gesetzlich zustärken.
Rund 2500 Bauern forderten nach Angaben des Bauernverbands imFrankfurter Bankenviertel einen eigenen Rettungsschirm für dieLandwirtschaft. Bauernpräsident Gerd Sonnleitner sagte nach einerSternfahrt mit 200 Traktoren: «Nicht nur Opel, Commerzbank undKarstadt stehen auf dem Spiel.»