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Landwirtschaft Landwirtschaft: Bauern erschließen sich mit Heidehof eine Nische

14.06.2005, 18:06

Gossa/MZ/sh. - "Die Geschichte begann mit einer alten, maroden Scheune, die einem unserer Landwirte gehörte. Weil wir damals nach Möglichkeiten der Direktvermarktung unserer Produkte suchten, kamen wir auf die Idee vom Heidehof", erinnert sich Gerald Weigt, geschäftsführender Landwirt der Landwirtschaftsgesellschaft Schmerz GbR im Landkreis Bitterfeld.

Unterstützt mit Mitteln aus dem Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft wurde die Scheune saniert. Rund 51 000 Euro flossen in den Ausbau eines modernen Schlachthauses mit angrenzender Küche und Kühlräumen. Daneben wurde die Gaststätte, die sich bis in die 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts auf dem Hof befand, wiederbelebt. Die Idee dahinter: Fleisch- und Wurstliebhaber sollen hier ein inividuelles Schlachtfest feiern können - natürlich mit Schweinen aus dem eigenen Betrieb.

Die Vermarktungsstrategie der Landwirte ging auf: "In der Schlachtsaison von Oktober bis März sind wir fast zu 80 Prozent ausgebucht", freut sich Weigt. Wenn nicht gerade geschlachtet wird, kann die Scheunenwirtschaft für Familienfeiern oder Kinderfeste gebucht werden. Für das leibliche Wohl sorgt Küchenchefin Walli Müller, die im Heidehof einen neuen Arbeitsplatz fand. "Wir statten Einschulungsfeiern, Jugendweihen oder runde Geburtstage aus. Auf den Tisch kommen dann in erster Linie die frischen Produkte unserer Landwirte", erzählt die 50-Jährige. Und dazu gehören neben Fleisch- und Wurstsorten vom Schwein auch Obst und Gemüse, das auf dem sechs Hektar großen Ackerland hinter dem Heidehof angebaut wird.

"Wir pflanzen jedes Jahr allein mehr als 50 Sorten Tomaten an. Das Saatgut hierfür holen wir teilweise bis aus Frankreich", erzählt Weigt. Dies soll einerseits helfen, bedrohte Sorten zu schützen. Andererseits aber seien sie pure Gaumenfreuden für jeden, der sie probiert. Die Früchte sollen die Geschmacksnerven der Konsumenten wachrütteln und zeigen, wie schmackhaft Obst und Gemüse sein kann. Noch in diesem Sommer öffnen die Landwirte eine Verkaufsstätte auf dem Heidehof, wo sie ihre Produkte direkt an den Mann oder die Frau bringen können.

"Durch den Ausbau der Scheune und die dadurch mögliche Direktvermarktung konnten wir uns ein zweites Standbein schaffen und damit ein Stück Zukunft sichern. Wir bieten unsere Waren aber auch gern unseren Dorfbewohnern und Touristen an, um die Leistungsfähigkeit unserer Landwirtschaft zu zeigen", sagt Weigt stolz.

Wer den Heidehof besucht, wird von einer seltenen Geflügelschar begrüßt, die heute vom Aussterben bedroht ist: Lachs- und Vorwerkshühner sowie Bronzeputen sind nur drei von über 90 Arten, die die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen auf die Rote Liste gesetzt hat. Im kommenden Jahr sollen Deutsche Sattelschweine auf dem Heidehof einziehen - in Sachsen gibt es noch Genreserven dieser Tierart, verrät Weigt. "Wir wollen diese Tiere züchten, verwerten und dadurch die Arterhaltung sichern."

Bedrohten Nutztieren ein Zuhause zu bieten, ist Ziel des deutschlandweiten Projektes "Arche-Hof", dem sich auch die Landwirte aus Gossa angeschlossen haben. Rund 70 solcher Arche-Höfe gibt es bereits in Deutschland. 2007 soll der Heidehof ein Arche-Hof werden - vielleicht der erste in Sachsen-Anhalt? Doch bis dahin haben die Mitglieder der Landwirtschaftsgesellschaft Schmerz auf ihren 1 300 Hektar Grün- und Ackerflächen, mit 350 Kühen und 2 000 Schweinen noch alle Hände voll zu tun.