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Landesbanken Landesbanken: Nach dem «Durchbruch» großes Zaudern

15.06.2009, 06:44

Frankfurt/Main/dpa. - Angesichts der Notvieler Landesbanken hatten sich die Länder grundsätzlich auf einenradikalen Umbau der Branche bis Ende 2010 geeinigt. Das war AnfangJuni. Inzwischen hat sich das Heer der Bedenkenträger und Bremser inStellung gebracht - wie immer, wenn es um neue Strukturen für denpolitisch aufgeladenen öffentlich-rechtlichen Bankensektor geht.Branchenkenner erwarten daher, dass auch dieser Versuch misslingen wird, die noch sieben eigenständigen Landesbanken zusammenzuführen.

«Die politischen Hürden bleiben hoch: Jeder Landesfürst hatInteresse daran, seinen Finanzplatz zu stärken», sagt der StuttgarterBankenprofessor Hans-Peter Burghof. Das gelte auch für Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpräsident Rüttgers mit dessen maroder WestLB.Fusionen - wie sie zum Beispiel Bundesfinanzminister Peer Steinbrück(SPD) favorisiert - seien durch die anhaltende Finanzkrise zusätzlicherschwert, meint Burghof: Wegen der Krise ist eine Bewertung derInstitute fast unmöglich, weil in den Bilanzen Risiken schlummernoder es für etliche Papiere derzeit keinen Markt gibt.

Eine bizarre Koalition von Zweiflern meldete sich mit weiterenBedenken zu Wort: Die Gewerkschaft ver.di befürchtet naturgemäß denAbbau tausender Stellen, der Bankenverband VÖB, der auch dieLandesbanken vertritt, warnte vor einer Kreditverknappung bei allzuschnellen Entscheidungen und die Bayern fühlten sich ausgebootet: Andem Spitzentreffen des Bundes mit den Ministerpräsidenten derLandesbank-Länder sei der Freistaat nicht beteiligt gewesen, murrteCSU-Chef Horst Seehofer und stellte umgehend den 31. Dezember 2010als Zieldatum infrage: «Unrealistische Terminfestsetzungen» seiennicht hilfreich.

Der Chef der mit Milliarden gestützten BayernLB, Michael Kemmer,attestierte: Die Zusammenführung von Bilanzen berge die Gefahr von«Klumpenrisiken bei den Krediten». Wenige Tage nach dem «Durchbruch»gab auch Baden-Württembergs Regierungschef Günther Oettinger (CDU) zuProtokoll, er sehe keine Eile. Zunächst habe «die Stärkung unsererLandesbank Vorrang» - und da gibt es auch bei der einst strahlendenNummer Eins der Branche, der LBBW, noch zu tun.

Doch die Probleme vieler Landesbanken gehen weit über politischeFehden hinaus. Der Wegfall staatlicher Garantien (Anstaltslast undGewährträgerhaftung) 2005 ließ Bilanzen explodieren, trieb etlicheLandesbanken in riskante Geschäfte. Die entscheidende Frage sei nunnicht, ob Deutschland künftig zwei oder drei Landesbanken hat, meintder Deutschland-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, sondern mitwelchem Geschäftsmodell die Institute agieren wollen. «Sollen siesich nur auf Deutschland fokussieren oder wie sollen sie sicheigentlich aufstellen? Jede Bank, die sich nur national aufstellt,wird damit früher oder später Probleme bekommen», sagt Fitschen.

Viele Sparkassen seien inzwischen so groß, dass sie gar keineLandesbank mehr bräuchten, meint der Leipziger Bankenprofessor JürgenSinger. «Oft sind Landesbanken und Sparkassen sogar Konkurrenten, zumBeispiel bei der Mittelstandsfinanzierung.» Der Stuttgarter ÖkonomBurghof indes hält Landesbanken als «starken Kapitalmarktarm für dieSparkassen» und Begleiter bei Auslandsgeschäften trotz allerBlessuren durch die aktuelle Krise auch künftig für bedeutsam.

Allmählich setzt sich die Erkenntnis durch, dass sich viele Ländermit ihren Landesbanken teils gehörig die Finger verbrannt haben unddie ungleiche Branche nun endlich neu geordnet werden muss. Doch dieZweifel bleiben, dass es den Akteuren gelingen wird, Überkapazitätenabzubauen inklusive so unpopulärer Maßnahmen wie Standortschließungenund Jobabbau sowie - wie die Ratingagentur Moody's es formuliert - ineinem umkämpften Markt zu «gesünderen Geschäftsmodellen» zu kommen.