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Kunststoffverarbeitung Roßbach Kunststoffverarbeitung Roßbach: Vorm Prickeln wird es heiß

Von Kirsten Begert 03.09.2003, 09:57

Roßbach/MZ. - Literweise Mineralwasser aus einem Plastikröhrchen? Nur fingerlang sind die Flaschen-Rohlinge, wenn sie von den Maschinen der Roßbacher Kunststoffverarbeitungs GmbH (RKV) im Landkreis Merseburg-Querfurt ausgespuckt werden. Täglich etwa 2,5 Millionen. Ausschließlich für den Bedarf der Mitteldeutschen Erfrischungsgetränke GmbH (MEG) in Leißling (Landkreis Weißenfels). In Roßbach hergestellt, reisen die Einweg-Rohlinge, so genannte Preforms, zu MEG-Quellen in ganz Deutschland, um mit Hochdruck aufgeblasen und mit sprudelndem Inhalt gefüllt zu werden.

Lange bevor ihr kühles Nass aber durch durstige Kehlen rinnt, wird es heiß. "280 Grad Celsius", schildert Wolfgang Rasztovits, Geschäftsleiter in Roßbach. Auf die wird das Polyethylentarephtalat (PET)-Granulat zum Verflüssigen erhitzt und in den Spritzguss-Anlagen in Sekundenbruchteilen geformt. "Doch nur wenn die Rohlinge sofort abgekühlt werden, bleiben sie durchsichtig. Deshalb kühlen wir sie mit einer Leistung von etwa 600 Kühlschränken ab", so der 42-jährige Kunststoffexperte. Denn im Supermarkt-Regal sollen die Getränke appetitlich in transparenten, blauen oder grünen Flaschen den Kunden verführen. Kleine Ungleichmäßigkeiten an der Preform, schildert Rasztovits, würden die Frische-Optik der späteren Flasche verschlechtern.

In frischem Outfit glänzt das sanierte RKV-Werksgebäude. Lange dümpelte es als Teil der dichtgemachten Ketten- und Nagelfabrik Roßbach, genannt "Kette", vor sich hin und verfiel. Bis im Jahr 2000 die RKV an diesem Standort gegründet wurde. Bäumchen seien auf dem Dach der Werkhalle gewachsen, in der heute 33 Mitarbeiter sieben Anlagen steuern. Fast stündlich liefern LKWs an oder holen ab. Das allerdings durch eine Art Geisterstadt, denn zwischen den gewaltigen verlassenen Backsteinbauten der ehemaligen Nagelfabrik nimmt sich der Preform-Betrieb regelrecht einsam aus.

Die Entscheidung zur Gründung sei damals aber schnell gefallen. Die Leißlinger hätten sich seit langem auf PET-Flaschen konzentriert, so MEG-Sprecherin Silvia Erbrich. Ein Werk für die Rohlinge sollte diese Kompetenz stärken und die Eigenproduktion ermöglichen. Immerhin konnten die Leißlinger Marktführer werden und im vergangenen Jahr die Marke von einer Milliarde verkaufter Getränkeflaschen durchbrechen, davon knapp 90 Prozent PET.

Doch die Kunststoff-Leute haben aufgrund der Zwangspfand-Regelung bewegte Monate hinter sich. "In einem ungenutzten Teil der Werkshalle stehen noch verpackte Maschinen", sagt Rasztovits. "Wir wollten erweitern, neue Mitarbeiter einstellen. Statt dessen haben wir Anfang des Jahres Kurzarbeit beantragt, weil wir nicht wussten, wie es weitergeht."

Nicht zuletzt wegen der langen Hitze sei jedoch alles wieder in geregelteren Bahnen. Denn, meint Silvia Erbrich: "Die Nachfrage nur mit Mehrweg decken? Unmöglich!" Obwohl ihr Betrieb als einziger Abfüller über eine eigene Preform-Produktion verfüge, brauche sogar er so viele Rohlinge, dass er zukaufen müsse. Dies sei der Grund, dass zurzeit nur für den eigenen Bedarf produziert werde. Falls später Maschine acht und neun ausgepackt und in Betrieb genommen werden, könne sich dies allerdings ändern.

In der Recyclingindustrie seien Einwegflaschen als Rohstoff weiterhin uneingeschränkt begehrt, zum Beispiel für Goretex-Fasern. Das Verfahren habe weiterhin den Vorteil, dass die Logos von Handelsketten als Relief aufgeprägt werden können, wenn die Preform vorm Füllen in ihre Form geblasen wird. Dies erleichtere dem Handel das Rücknahmesystem, dass, so Erbrich, "hoffentlich tatsächlich bald vereinheitlicht wird".