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Kreditwirtschaft Kreditwirtschaft: In der Bankenbranche sind Umstürze bisher ausgebleiben

03.05.2004, 08:44
Blick auf das Bankenviertel im Zentrum von Frankfurt/Main. (Archivfoto: dpa)
Blick auf das Bankenviertel im Zentrum von Frankfurt/Main. (Archivfoto: dpa) dpa/dpaweb

Frankfurt/Main/dpa. - Vor ein paar Monaten noch sah es so aus, als ob in der deutschen Bankenlandschaft eine Revolution ausbrechenwürde. An einem Tag hieß es, alle vier Großbanken könntenfusionieren. Am nächsten stand die Sparkasse Stralsund zum Verkauf. Dass nicht nur die erste, sondern auch die zweite Meldung als Sensation gehandelt wurde, ist ein Beleg für die ungewöhnliche Struktur der Finanzbranche in Deutschland.

Inzwischen haben sich beide Ideen als Blindgänger erwiesen. Auchdie Übernahme einer deutschen Großbank aus dem Ausland ist bisher ausgeblieben. Manche Experten rechnen nun damit, dass es statt der Revolution eher zu einer Reform in kleinen Schritten kommen wird.

Drei Säulen - private Großbanken, öffentlich-rechtlicheKreditinstitute und Genossenschaftsbanken - prägen das Bild derBranche. Obwohl die Zahl der Banken nach Angaben der Bundesbank seit 1957 von 13 359 im Westen auf heute insgesamt 2466 Institute geschrumpft ist, verfügt Deutschland immer noch über die vierthöchste Bankendichte in Europa.

Ungünstig ist die Situation vor allem für die Großbanken: dieDeutsche Bank, die HypoVereinsbank, die zu Allianz gehörende Dresdner Bank und die Commerzbank. Zusammen genommen sind bei den großen Vier nur 4,5 Prozent der Spareinlagen im Land hinterlegt. Ihre größten Konkurrenten im Geschäft mit Privatkunden und dem Mittelstand sind traditionsgemäß Sparkassen und Volksbanken. Deren Eigentümer erwartenzwar auch Gewinne, üben aber weniger Druck aus als die Aktionäre der großen Institute.

Jahrzehnte lang wirtschafteten die Großen erfolgreich alsUniversalbanken. Dann verschärften Globalisierung und neueInformationstechnologien den Wettbewerb in der Branche, und dasPlatzen der Internet-Blase brachte die Probleme ans Tageslicht: zu hohe Kosten und mangelndes Risikomanagement.

Inzwischen haben die Großbanken schmerzhafte Sanierungen hintersich und Tausende von Arbeitsplätzen abgebaut. Beteiligungen anIndustrieunternehmen, aus denen sich einst die verflochteneDeutschland AG zusammensetzte, stießen sie größtenteils ab. DieZukunft - darin sind sich Branchenexperten einig - heißt entweder groß angelegte Expansion oder Spezialisierung.

Zumindest bei der Deutschen Bank und der Commerzbank sprudeltendie Gewinne im ersten Quartal zwar wieder, doch im internationalen Vergleich ist es immer noch ein Rinnsal, das aus dem deutschen Bankenbrunnen entspringt. Das Interesse ausländischer Kreditinstitute an Übernahmen scheint sich daher in Grenzen zu halten. Derweil haben spezialisierte Banken, auch aus dem Ausland, in DeutschlandWachstumsmärkte wie das Geschäft mit Verbraucherkrediten selbsterobert.

Die großen Institute trennten sich von Sparten, wodurch neueBanken wie die Eurohypo entstanden, doch klar umrisseneZukunftsstrategien bleiben Mangelware. «Die meisten Banken sind immernoch kaum voneinander zu unterscheiden», heißt es in einer Studie vonAccenture und Boston Consulting Group.

Größere oder fokussierte Institute könnten auch durch Fusionen aufnationaler Ebene entstehen. Die Übernahme großer Sparkassen durchprivate Großbanken ist nach dem vorläufigen Scheitern der Initiativein Stralsund aber in weite Ferne gerückt. Über einen Zusammenschlussvon Commerzbank und HypoVereinsbank wird seit Monaten spekuliert,doch die Positionierung eines solchen neuen Kreditinstituts scheintauch für die Beteiligten nicht geklärt zu sein. Wenn die großenUmstürze ausbleiben, könnte der Wandlungsprozess in der Branche alsonoch viele Jahre dauern.