Kreativität und Wirtschaft Kreativität und Wirtschaft: Ideen vom Fließband
Magdeburg/MZ. - Zephram - der Name istProgramm. Zephram Cochrane ist Wissenschaftler,der im Jahr 2063 den Warp-Antrieb erfindet.Jenen blauen Strahl, mit dem das RaumschiffEnterprise aus der gleichnamigen Fernsehserieins All katapultiert wird. Zephram heißt aucheine Firma aus Magdeburg. Und die produziertIdeen auf Bestellung. Das ist so ungewöhnlichwie der Warp-Antrieb. Und wohl einzigartigin Deutschland.
"Wir wollten keinen Namen von toten oder lebendenWissenschaftlern, sondern von einem, den esnoch gar nicht gibt." Würde Graham Hortondies erzählen, bevor er über seine Lieblingsthemen- Ideen und Perspektivwechsel - gesprochenhat, könnte man ihn für einen Witzbold halten.Doch der Professor für Informatik an der UniMagdeburg meint es ernst.
Ein System fehlte
Der gebürtige Engländer war es irgendwannleid, immer nur darauf zu warten, bis ihmeine passable Idee kam. Das dauerte einfachzu lange. Gut, sagt Horton (44), seit einemhalben Jahrhundert sind dutzende Kreativitätstechnikenbekannt, doch alle "sind sehr weich und verschwommen,es gibt kein System". Deshalb hat er sichhingesetzt und sechs Wege entwickelt, Ideenzu planen und zu produzieren. Inzwischen gehörtIdea-Engineering (etwa: Ideen-Produktion)zum Standard seiner Vorlesungen.
Studentin Jana Görs profitierte als eine derersten davon. Die 24-jährige Diplomingenieurinfür Computervisualistik sowie deren KommilitoneRené Chelvier gründeten zusammen mit Hortoneine kleine Firma - Zephram. Seit diesem Jahrläuft das Unternehmen - mit Erfolg. "Dennder Bedarf an Einfällen ist riesig", sagtGörs. BMW hat für den Bau seiner 1er- und3er-Reihe Kostenspar-Ideen mit Zephram geboren,Siemens neue Steuerungstechnik. Details sindFirmengeheimnis. Weniger geheim geht es hingegenim als besten Supermarkt Deutschlands ausgezeichnetenRewe-Markt in Odenthal bei Köln zu: Der nutztZephram trotz seines Erfolgs. "Wir wollennoch besser werden", sagt GeschäftsführerDietmar Tönnies. Zephram lieferte die Initialzündungenfür neue Ideen.
Einige hat Tönnies schon umgesetzt. Sokönnen Kunden jetzt Stillleben zwischen Obst-und Gemüse anschauen. Der Trick: Wer längerbleibt und schaut, entspannt auch und kommtgerne wieder. Überraschend ist der Weg, denZephram auf der Suche nach Ideen beschreitet:Gemeinsam mit Mitarbeitern der Auftraggeberund einigen Studenten nimmt man einen Perspektivwechselvor. "Wir fragen nicht, wie man den Supermarktbesser macht, sondern wo es ähnlich langeWände gibt wie dort, die Menschen aber trotzdemgern hingehen", erläutert Chelvier. Herauskam im Fall Rewe eine Galerie.
Gut, Supermärkte kennt jeder - aber hochkomplizierteTechnologien bei Siemens oder BMW? Bei Chelvierlöst die Frage ein Lächeln aus: "In der Tat,die meisten Ideen, die wir produzieren, verstehenwir selber nicht." Das sei aber auch nichtnötig, so der 26-Jährige aus Letzlingen. Esreiche aus, wenn er oder die Studenten sichdas Basiswissen über ein Problem aneignen.Die Fachleute, die Mitarbeiter der Firmen,sorgten für das Detailwissen. Beides zusammengemixtund mit einer gehörigen Portion Perspektivwechselversehen, produziert dann neue Ideen. Dasklingt banal - 250 Ideen für Microsoft inzwei Stunden Nachtarbeit sind hingegen mehrals überzeugend. Natürlich mussten die Mitarbeiterdes Software-Riesen dafür nicht nach Magdeburgfahren - dazu gibt es inzwischen eine virtuelleIdeenfabrik, die Zephram unter dem Titel "Netstorming"im Internet betreibt.
Neues Projekt geplant
Inzwischen hat die kleine Firma den 25.Auftrag beendet. 2007 soll der erste Gewinnfließen, dann will Zephram aus der Uni inden entstehenden Magdeburger Forschungs- undTechnologiehafen ziehen und eine richtigeIdeenfabrik "bauen". Sorgen um Aufträge machtsich Jana Görs nicht: "Allein bei BMW hatdie Ersparnis aus den neuen Ideen die Kostenunseres Auftrags um ein Vielfaches überstiegen."
