Konsumgüter und Kriminialität Konsumgüter und Kriminialität: And the «Plagiarius» goes to...

Frankfurt/Main/dpa. - Die Behälter haben eine frappierende und wohldurchaus beabsichtigte Ähnlichkeit mit Produkten der Firma Rösle ausdem bayerischen Marktoberdorf, eine der Mandanten Busses. Der Zollbeschlagnahmt die Plagiate, doch allzu einschneidende Folgen müssendie Produktpiraten nicht fürchten. Zivilprozesse in China oder Indienwären viel zu risikoreich und kostspielig, räumt die Anwältin ein undstrebt bereits zum nächsten Stand.
Die Frankfurter Konsumgütermesse «Ambiente» ist zu einemBrennpunkt im weltweiten Konflikt zwischen Produktpiraten und denHerstellern der Originale geworden. Die Anwälte bekannterMarkenhersteller wie Alessi, Villeroy&Boch, Koziol oder Bodumschwärmen durch die Hallen und machen den Zoll auf Verstöße gegenihre Marken- oder Geschmacksmusterrechte aufmerksam. Nur wenn dieseRechte eingetragen seien, könnten die Beamten überhaupt tätig werden,erläutert Zollsprecher Thomas Malter.
Die Repräsentanten der indischen Firma beklagen sich, nie eineListe mit Produkten erhalten zu haben, die sie nicht nachmachendürfen. Für die Messe sei jetzt zumindest ein Teil ihres Geschäfteskaputt. «Die sind verpflichtet, sich zu informieren, bevor sie hierihre Produkte auf den Markt bringen», kontert Busse. Im Internetseien die geschützten Gebrauchsmuster auch von Indien und China ausleicht zu recherchieren.
Den volkswirtschaftlichen Schaden, den die Produktpiratenanrichten, beziffert die EU auf weltweit bis zu 300 Milliarden Europro Jahr; Schätzungen für die deutsche Wirtschaft belaufen sich aufbis zu 29 Milliarden Euro. Der Schaden für die Hersteller derOriginale ist ein Vielfacher: «Die Piraten schöpfen die Kaufkraft abund die schlechte Qualität fällt dann auf uns zurück», sagt derAnwalt Günter Freiherr von Gravenreuth, der auf der Ambiente denSchweizer Messerhersteller Victorinox vertritt.
Nachgemacht wird alles, was eine gute Form hat. Die Zöllner findenauf nahezu jeder Frankfurter Messe hunderte Plagiate, ob es nun umAutoersatzteile, Schreibwaren oder eben um Haushaltswaren wie imaktuellen Fall geht. Selbst vor medizinischen Geräten wie einem sogenannten Resektoskop für Urologen machen die Abkupferer nicht halt,wie die jüngste Preisträgerliste des Schmähpreises «Plagiarius»zeigt. Ein weiteres Einfallstor, nur wenige Kilometer entfernt, istder größte deutsche Flughafen. Zunehmend, so das Bundeskriminalamt inseinem jüngsten Lagebericht zur Wirtschaftskriminalität, werden diekopierten Produkte über das Internet angeboten und bestellt -geliefert wird häufig per Luftpost.
Im Internationalen Postzentrum des Flughafens sind über 50 Zöllnermit nichts anderem als der Paketkontrolle beschäftigt. Neben ihnenstehen jeweils Bedienstete der Post, denn aus Haftungsgründen dürfendie Zöllner die Pakete nicht selbst öffnen. Im Jahr 2005 haben dieZöllner am Flughafen über 235 000 abgekupferte Produkte im Gesamtwertvon 11,7 Millionen Euro beschlagnahmt. Das sind ungefähr fünf Prozentvom Gesamtaufkommen in Deutschland, das 213 Millionen Euro betrug.
«Man entwickelt ein Gefühl dafür, wo etwas nicht stimmt», erzähltdie Zöllnerin Yvonne Schamber. Billige Materialien, schlechter Geruchoder Rechtschreibfehler auf den Etiketten wie zum Beispiel «Made inPortugal» sind eindeutige Indizien. In einem eigens eingerichtetenComputersystem geben die Hersteller der geschützten Markenwaren zudemgenaue Hinweise, woran die unliebsame Konkurrenz zu erkennen ist. VonHackerangriffen auf diese Dateien ist bislang noch nichts bekannt.