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Inzest-Fall in Österreich Inzest-Fall in Österreich: Dominanz hat sich über Jahre immer weiter verschärft

Von Marc Herwig 28.04.2008, 14:47

Wiesbaden/dpa. - «Er wollte der alleinige Bestimmer seiner kleinen Welt sein», sagte der Direktor der Kriminologischen Zentralstelle Wiesbaden am Montag. Diese Dominanzwünsche hätten sich durch den jahrelangen Erfolg immer weiter verschärft. «Das steigert sich dann zu einem: "Ich kann alles, und mich erwischt überhaupt niemand".» Egg sagte weiter: «Da steckt ein hohes Maß Geschick und betrügerisches Talent dahinter.»

Besonders tragisch sei, dass die Gefangenschaft von Elisabeth F. so lang gedauert hat, ihr Vater hatte sie 24 Jahre eingesperrt. «Das ist ja noch viel schlimmer als der Fall Natascha Kampusch», sagte der Kriminologe. Kampusch hatte bis zu ihrer Flucht 2006 acht Jahre lang in der Gewalt eines Entführers in Österreich gelebt. Anfangs werde Elisabeth F. noch geglaubt haben, bald wieder frei zu kommen, sagte Egg. «Dann hat sie ihren 20. Geburtstag gefeiert, ihren 25. und ihren 30. und war immer noch eingesperrt. Irgendwann findet man sich einfach mit der Situation ab.» Dabei habe sie zwangsläufig den Bezug zur Realität verloren.

«Ich würde nicht erwarten, dass sie jetzt voller Glückseligkeit ist, weil sie wieder frei ist. Die Außenwelt ist für sie fremd und nicht einschätzbar.» Vermutlich werde sie die intensive Beziehung zu ihrem Vater trotz der erlittenen Qualen zunächst vermissen. «Für die Frau war er der einzige, der sich um sie gekümmert hat.»

Das Schicksal der drei Kinder, die jahrelang mit ihrer Mutter in dem Keller gefangen gehalten wurden, erinnere ihn an einen legendären Fall: Das 1828 aufgetauchte Findelkind Kaspar Hauser. Ihm sei in der jüngeren Kriminalgeschichte kein Fall bekannt, in dem ein Mensch erstmals als junger Erwachsener Kontakt zur Außenwelt hatte, sagte Egg.

Die drei heute 5, 18 und 19 Jahre alten Kinder waren aus der Inzest-Beziehung von Josef F. zu seiner Tochter Elisabeth hervorgegangen und verbrachten ihr gesamtes bisheriges Leben in dem engen Keller-Verlies. Ob und wie schnell nun insbesondere die beiden 18- und 19-Jährigen an ein normales Leben gewöhnt werden können, sei kaum abzuschätzen. Kaspar Hauser soll die ersten 15 Lebensjahre ohne Kontakte zur Außenwelt verbracht haben. Er blieb dadurch auf dem geistigen Stand eines zwei- bis dreijährigen Kindes.