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Instrumente Instrumente: Sauer-Orgeln werden in alle Welt geliefert

Von Jörg Schreiber 29.09.2007, 14:33
Ein Mitarbeiter der Firma Orgelbau Sauer arbeitet in der Werkstatt der Traditionsfirma in Müllrose an der Klaviatur der Sauer-Orgel opus 1451 aus dem Jahr 1931 des Franziskanerklosters Opole in Polen. (Foto: ddp)
Ein Mitarbeiter der Firma Orgelbau Sauer arbeitet in der Werkstatt der Traditionsfirma in Müllrose an der Klaviatur der Sauer-Orgel opus 1451 aus dem Jahr 1931 des Franziskanerklosters Opole in Polen. (Foto: ddp) ddp

Müllrose/ddp. - Mit dem Lötkolben in der Hand steht ThomasLüdersdorf hinter dem mannshohen, dunkelbraunen Orgel-Spieltisch.Nachdem die elektrischen Kontakte erneuert, alle Teile aufbereitetund die mechanischen Funktionen überprüft wurden, schließt derMechatroniker die Kabel wieder an, auch die Klaviatur wird eingebaut.Der in der Werkhalle von «W. Sauer Orgelbau» in Müllrose beiFrankfurt (Oder) stehende Spieltisch gehört zu einem elektrischenInstrument, das 1931 in der Franziskanerkirche im heute zu Polengehörenden Opole (Oppeln) eingeweiht worden war und derzeit bei Sauerrestauriert wird.

Am kommenden Wochenende (6./7. Oktober) feiert die weit über dieGrenzen Deutschlands hinaus bekannte Traditionsfirma ihr 150-jährigesBestehen. Wilhelm Sauer (1831-1916) hatte die Orgelbauwerkstatt inFrankfurt im Oktober 1857 gegründet und bis 1910 selbst geführt. Überdie Wirren der Zeit, Kriege und gar eine Insolvenz hinweg überdauertedie Firma. Von 1857 bis heute wurden 2273 Sauer-Orgeln gebaut,zuletzt für die katholische Kirche in Berlin-Kladow, wie derTechnische Geschäftsführer Peter Fräßdorf berichtet.

«Die Instrumente gingen von hier aus in alle Welt», sagt der63-jährige Orgelbaumeister. Sauer-Orgeln stehen heute im Berliner Domebenso wie in Jerusalem, in Venedig, in Asien oder Lateinamerika. ZuDDR-Zeiten wurden viele dieser Instrumente in die Konzertsäle derdamaligen Sowjetunion geliefert. Eine der größten Herausforderungender jüngeren Zeit sei der Bau der mit Computertechnik ausgestattetenEuropa-Orgel für die Evangelische Auferstehungskirche in Düsseldorfvor drei Jahren gewesen.

Der Neubau von Orgeln ist aber nur eine Seite der Arbeit. «UnserDauergeschäft ist die Restaurierung, Reparatur und Pflege", sagtFräßdorf. Derzeit sei die Firma nicht nur bei der Überholung derOrgel in Opole, sondern auch im ukrainischen Donezk aktiv. Demnächststünden Erneuerungsarbeiten in der Stadtkirche zu Wittenberg an, inder einst Luther predigte. Es gebe immer wieder neue Anfragen. DieAuftragsbücher für 2008 seien voll.

«Wir sind ein Betrieb, der sich in allen Facetten des Orgelbausauskennt», sagt Fräßdorf und fügt an: «Wir können beispielsweise allePfeifen, die beim Orgelbau benötigt werden, selbst produzieren.»Unter den 16 Mitarbeitern seien einige Orgelbauer schon seitJahrzehnten dabei. Manche hätten gar das 100. Firmenjubiläum vor 50Jahren schon mitgefeiert. Im Arbeitsprozess werde aufBerechnungsgrundlagen zurückgegriffen, die teils noch von WilhelmSauer stammten. Daneben verlange der moderne Orgelbau aber auch neueMethoden, Alt und Neu stünden bei Sauer eng beieinander.

Das Unternehmen schreibt schwarze Zahlen, wie Fräßdorf sagt. DieFolgen des Konkurses der einstigen Muttergesellschaft Walcker-Mayerim saarländischen Kleinblittersdorf im Jahr 1999 seien längstüberwunden. Im April 2000 hatten vier Sauer-Mitarbeiter - von denenheute noch drei in der Firma tätig sind - die «W. Sauer OrgelbauFrankfurt (Oder) GmbH» gegründet. Später erwarb die neue Gesellschaftauch das bis dahin angemietete Firmengrundstück in Müllrose, auf dasder Traditionsbetrieb schon 1994 umgezogen war.

«Dass alles so ausgegangen ist, ist eine glückliche Sache», sagtFräßdorf. Beständigkeit zahle sich aus. Wilhelm Sauer sei eingeradliniger, fachlich kompetenter, zuverlässiger Mann gewesen. «Ichbehaupte, dass diese Eigenschaften das Unternehmen haben lebenlassen», sagt Fräßdorf. Die heutigen Mitarbeiter würden an dieseTradition anknüpfen.

Am 6. Oktober sind Kunden und Geschäftspartner zurBetriebsbesichtigung und zum Plaudern eingeladen, wie Fräßdorfverrät. Am Abend steht in der Frankfurter Konzerthalle einFestkonzert zum Betriebsjubiläum auf dem Programm, das natürlich aufeiner Sauer-Orgel intoniert wird.