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Institut Institut: EU-Neulinge starten durch

Von Rainer Gummelt 08.12.2004, 18:54

Halle/MZ. - Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hat die neuen Bundesländer aufgefordert, sich stärker auf die Wachstumsregionen in Mittel- und Osteuropa auszurichten.

"Wenn sie das nicht tun, werden sie Schwierigkeiten haben, dem verstärkten Wettbewerbsdruck aus den neuen Mitgliedsländern der EU zu widerstehen", sagte Hubert Gabrisch, Leiter der IWH-Abteilung Mittel- und Osteuropa, am Dienstagabend in Halle. Vor dem Marketing Club Halle und dem Industrie Club Mitteldeutschland verwies der Forscher auf den Wirtschaftsboom bei den EU-Neulingen, der nach ihrem Beitritt eingesetzt habe. Das jährliche Wachstumspotenzial wird über Jahre hinweg auf fünf Prozent geschätzt.

Doch von dieser dynamischen Entwicklung sei die ostdeutsche Wirtschaft weitgehend isoliert, stellte der 54-Jährige fest. Andererseits seien die neuen Länder von der Wirtschaft in Westdeutschland abhängig. Deren zu erwartendes Wachstum mit ein bis zwei Prozent reiche aber längst nicht an die Dynamik der Beitrittsländer heran. Gabrisch sieht vor allem die Ost-Industrie für den Wettbewerb mit mittel- und osteuropäischen Ländern "nicht schlecht aufgestellt". Wer sich im Westen und in der EU durchsetzen könne, sollte dies auch auf den Märkten der neuen Mitgliedsländer können, sagte er.

Im krassen Widerspruch dazu steht, dass die Bundesregierung die Osteuropaforschung zurückfährt. Laut Gabrisch ist das Geld dafür in den vergangenen Jahren von elf auf sieben Millionen Euro gekürzt worden. Die Mittel für die wirtschaftswissenschaftliche Forschung seien noch stärker geschrumpft. Entsprechende Institute seien ganz geschlossen worden, große Wirtschaftsforschungsinstitute hätten ihre Ostforschungsabteilungen abgeschafft, beschrieb Gabrisch die Talfahrt dieser Disziplin. Das IWH ist nach seinen Worten das letzte der großen Institute mit einem Mittel- und Osteuropaschwerpunkt. "Wir wissen sehr viel darüber, wie sich die ostdeutsche Wirtschaft der ,Stagnationsregion´ Westdeutschland annähert, aber wenig darüber, wie man sich der Wachstumsregion im Osten nähern sollte", kritisierte Gabrisch.

Als ermutigend betrachtet er die Gründung von städtischen Initiativen in Halle und Leipzig, die in diesem Bereich eine Vernutzung von Wissenschaft und Praxis anstreben. So sei in Leipzig ein Osteuropa-Kompetenzzentrum gegründet worden. Auch in Halle habe sich eine Initiative gefunden, die die Kooperation zwischen Wissenschaft und regionaler Wirtschaft mit Blick auf Osteuropa fördern wolle, sagte Gabrisch.