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Immobilienkrise in den USA Immobilienkrise in den USA: EZB stellt 94,8 Milliarden Euro zur Verfügung

09.08.2007, 20:46
Für Unruhe an den Märkten hatte am Donnerstag die Nachricht gesorgt, dass die französische Großbank BNP Paribas vorübergehend wegen der Krise an den US-Märkten drei Fonds geschlossen hatte. (Foto: dpa)
Für Unruhe an den Märkten hatte am Donnerstag die Nachricht gesorgt, dass die französische Großbank BNP Paribas vorübergehend wegen der Krise an den US-Märkten drei Fonds geschlossen hatte. (Foto: dpa) EPA

Frankfurt/Main/New York/dpa. - Die Notenbank pumpte am Donnerstag frischesGeld in die Märkte und stellte den Banken zusätzliche 94,8 Milliarden Euro zur Verfügung. Zuletzt hatten die Währungshüter nach den Terroranschlägen in den USA vom 11. September 2001 zu diesem Mittel gegriffen. «Die EZB stellt fest, dass es Spannungen im Euro-Geldmarkt gibt, obwohl die Versorgung mit Liquidität normal ist», teilte die Notenbank mit. Nach Ansicht von Beobachtern will die EZB damit die Marktteilnehmer beruhigen.

Am weltgrößten Aktienmarkt in New York kam es zum Handelsauftaktam Donnerstag angesichts der groß angelegten EZB-Liquiditätsspritze zu massiven Kursverlusten, die im Tagesverlauf zwischenzeitlich eingedämmt wurden. Auch der Deutsche Aktienindex (DAX) gab imHandelsverlauf deutlich nach. Im sehr nervösen Handel sackte derLeitindex DAX zeitweise bis auf rund 7426 Punkte ab, bevor er mitminus 2,00 Prozent auf 7453,59 Punkte aus dem Handel ging. In London,Paris und anderen europäischen Börsen gerieten Finanztitel ebenfallserheblich unter Druck.

Auch die amerikanische Notenbank reagierte: Sie pumpte ihrerseitsinsgesamt 24 Milliarden Dollar (17,5 Mrd Euro) Reserven ins System,um einem scharfen Anstieg der US-Tagesgeldzinsen zu begegnen und umder starken Kreditnachfrage der US-Banken nachzukommen.

Wall-Street-Beobachter sahen in der großen EZB-Hilfsaktion fürden Geldmarkt einen klaren Hinweis darauf, dass sich die Krise imMarkt für amerikanische Hypothekenkredite für Hauskäufer mitschlechtem Kredit-Rating auch negativ auf andere Kreditmarkt-Bereiche und auf amerikanische sowie europäische Banken undFinanzdienstleister auszuwirken beginnt.

Für Unruhe an den Märkten hatte am Donnerstag die Nachrichtgesorgt, dass die französische Großbank BNP Paribas vorübergehendwegen der Krise an den US-Märkten drei Fonds geschlossen hatte. DieInvestmentbank Goldman Sachs berichtete von «Gerüchten überLiquiditätsprobleme mehrerer europäischen Banken». Die EZB wolltedies nicht kommentieren und teilte lediglich mit: «Die EZB stehtbereit, um geordnete Bedingungen auf dem Euro-Geldmarkt zugewährleisten.» Nach Ansicht von Ökonomen wollen die Währungshütermit dem zusätzlichen Geld den Banken unter die Arme greifen, umStörungen an den Finanzmärkten zu verhindern.

Auf dem Geldmarkt leihen sich Banken bei der EZB, aber auchgegenseitig Geld aus. Experten gehen davon aus, dass die Nervositätan den Märkten dazu geführt hat, dass die Banken nicht mehr imüblichen Umfang bereit sind, sich gegenseitig Geld zu leihen. Indiese Bresche springe nun die Notenbank, hieß es aus EZB-Kreisen.

Die Stimmung an den US-Börsen und Finanzmärkten wurde als sehrnervös beschrieben. Der Dow-Jones-Index fiel am Donnerstag in denersten Minuten des Handels um mehr als 200 Punkte. In der erstenhalbe Stunde wies er ein Minus von 1,31 Prozent auf, bis zum frühenNachmittag lag der Dow noch um 0,92 Prozent niedriger bei 13 532,67Punkten.

Nach den Terroranschlägen in den USA 2001 hatte die EZB am 12. und13. September 2001 an zwei Tagen in Form solcher «Schnelltender»frisches Geld in den Markt gepumpt und damit ihre Handlungsfähigkeitunterstrichen. Zuvor war es am Geldmarkt zu Panikreaktionen gekommen.Nach der damaligen EZB-Aktion hatten sich die Märkte beruhigt.

Die aktuelle EZB-Maßnahme kam überraschend, weil sich EZB-Präsident Jean-Claude Trichet zuletzt gelassen angesichts derTurbulenzen auf dem US-Markt für zweitklassige Hypothekendarlehen(Subprime) gezeigt hatte. «Das ist ein schrittweiser Prozess derNormalisierung bei der Einschätzung der Risiken», sagte Trichet voreiner Woche und stellte eine Zinserhöhung für Anfang September vonvoraussichtlich 4,0 auf 4,25 Prozent in Aussicht. Sollten dieProbleme an den Finanzmärkten sich verschärfen, könnte dieZinserhöhung nach Expertenmeinung aufgeschoben werden.

«Die EZB hat ein Signal an die Märkte gesendet und versucht, dieMarktteilnehmer zu beruhigen», sagte der Chefvolkswirt der DekaBank,Ulrich Kater. «Die grundsätzliche Problematik der US-Hypothekenkrisekann die EZB aber nicht abfedern.» Wenngleich die konkretenAnsteckungseffekte auf den Euroraum derzeit nicht abzuschätzen seien,sei jedoch klar, dass die US-Hypothekenkrise bereits übergegriffenhabe.