Immobilien Immobilien: Zahl der Zwangsversteigerungen steigt

Magdeburg/Halle/dpa. - Der Traum vom Eigenheim ist für viele Sachsen-Anhalter zum Albtraum geworden - und treibt viele Menschen inden finanziellen Ruin. Die Zahl der Zwangsversteigerungen hat sich inden vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt und mittlerweile eingleich bleibend hohes Niveau erreicht. Zu den Gründen zählen hoheKredite, die in finanziellen Notlagen wie bei Arbeitslosigkeit nichtmehr bedient werden können, sowie der eingebrochene Mietmarkt. Diesergab eine dpa-Umfrage.
Allein im vergangenen Jahr gab es in Sachsen-Anhalt 4330Zwangsversteigerungen, 1994 waren es noch weniger als 1700. Hinterdiesen Zahlen verbergen sich nach Angaben des Justizministeriums zumGroßteil Privatschuldner, deren Häuser oder Wohnungen unter denHammer kamen. Gewerbliche Gebäude machten nur einen kleinen Teil aus.Die Amtsgerichte haben gut zu tun. Allein im Justizzentrum Hallehängen auf Schautafeln immer wieder Fotos - vom idyllischen Eigenheimauf dem Lande bis zum Mehrfamilienhaus in bester Stadtlage - zurZwangsversteigerung.
In der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt ist die Zahl derAnfragen wegen drohender Versteigerungen in den vergangenen zweiJahren stark angestiegen. «Wegen Arbeitslosigkeit oder nach langerKrankheit können viele ihre Immobilien nicht mehr halten», sagteFinanzexperte Sven Kretzschmar in Halle. Die Ursachen sieht er nichtnur in der aktuellen Wirtschaftslage, sondern auch in einemübertriebenen Bauboom nach der Wende: Finanzierungsangebote ohneEigenkapital und mit niedrigen Zinsen sowie die Eigenheimzulagelockten. «Viele haben sich übernommen», sagte Kretzschmar.
Problematisch ist nach Ansicht der Verbraucherschützer die späteEinsicht der Betroffenen: «Sie kommen erst, wenn der Gerichtsterminschon bevorsteht.» Auf Grund persönlicher Schicksale wie Scheidungoder Verlust der Arbeit seien viele mit der Situation überfordert.Statt das Gespräch mit den Banken zu suchen, steckten sie den Kopf inden Sand und hofften, dass ihnen nichts passiere. «Sie können sichnicht vorstellen, dass die Gläubiger wirklich vor Gericht ziehen undsie aus ihrem Haus raussetzen», sagte Kretzschmar.
Die Reform Hartz VI und das neue Arbeitslosengeld II haben Haus-und Wohnungsbesitzer offenbar noch nicht finanziell aus der Bahngeworfen. In der Schuldnerberatung des HumanistischenRegionalverbandes Sachsen-Anhalt etwa hatten die Mitarbeiter mehrNachfragen erwartet: «Bisher haben sich nur wenige gemeldet», sagteine Sprecherin, «vielleicht kommt der Ansturm aber auch noch, wenndie finanziellen Reserven versiegen.»
Eigentümer von Mietwohnungen versuchen oft noch, die Immobilie zuverkaufen, bevor sie unter den Hammer kommt. Der LandesverbandDeutscher Makler Sachsen-Anhalt verzeichnete in den vergangenen fünfJahren einen Angebotsanstieg von bis zu 30 Prozent, meistens sind esMehrfamilienhäuser. «Grund ist der zusammengebrocheneMietwohnungsmarkt», sagte Sprecher Werner Thiemann. Bei fallendenMieten oder Leerständen könnten Eigentümer die Kosten für Bau oderSanierung der Objekte nicht mehr decken. Nur 10 Prozent der Angebotewechselten auf dem Immobilienmarkt den Besitzer, ein großer Teillande doch vor Gericht.
Viel Geld bringen die Immobilien den Angaben zufolge dort nichtein. Sachverständige ermitteln den so genannten Verkehrswert derImmobilie, dazu zählen das Grundstück, der Sachwert und der Ertragaus Mieten. «In der Regel wird bei der Versteigerung nicht mal mehrdie Hälfte dieses Wertes erzielt», sagte Thiemann.