Immobilien Immobilien: Finanzinvestor am Pranger
DRESDEN/MZ. - Die Zeiten, in denen Finanzinvestoren und Private-Equity-Firmen als biblische Plage wahrgenommen und als Heuschrecken beschimpft wurden, sind vorbei. Nicht weil die Krise sie einfach hinweggefegt hätte - im Gegenteil, das Geschäft der Firmenjäger, die ihre Auserwählten gerne bis zum letzten Cent auspressen, läuft wieder wie geschmiert. Doch nun scheinen einem der ihren seine Geschäftspraktiken ordentlich auf die Füße zu fallen: Der Gagfah, das mit bundesweit rund 165 000 Mietwohnungen größte an der deutschen Börse notierte Wohnungsunternehmen, droht eine Klage in dreistelliger Millionenhöhe.
Weil der Immobilienkonzern sich nicht an Auflagen gehalten haben soll, die 2006 beim Kauf von rund 45 000 städtischen Wohnungen in Dresden vertraglich vereinbart worden waren, hat die Dresdner Stadtverwaltung ihrem Stadtrat empfohlen, eine Klage gegen das Unternehmen anzustreben (die MZ berichtete). Wann die Entscheidung fällt, ist laut Stadtverwaltung allerdings noch offen.
Streit um Vertragsklauseln
Für die Gagfah und ihren Mehrheitseigner, der US-Finanzinvestor Fortress, könnte eine mögliche Klage der Stadt sehr teuer werden. Laut Sächsischer Zeitung geht es um bis zu 925 Millionen Euro an Strafzahlungen und damit um mehr als die Hälfte des Kaufpreises (1,7 Milliarden Euro), mit dem Dresden damals seine Stadtkasse sanierte. Geradezu klein nimmt sich dagegen der Gewinn von rund 121 Millionen Euro aus, den Fortress-Chef Robert Kauffman laut Medienberichten jährlich in Dresden einstreichen soll. Allerdings wollten weder die Gagfah noch aus Rücksicht auf ein gerichtliches Verfahren die Stadt Dresden die Höhe des Streitwerts bestätigen.
Grundlage für die vielleicht bald vor Gericht endende Streitigkeit ist eine bis 2016 geltende Schutzklausel für die Mieter der von der Gagfah gekauften Immobilien. Nach Informationen der Frankfurter Rundschau ist unter Punkt 6.6 der Verträge eine Bindung an die sogenannte "Dresdner Sozialcharta" vereinbart. In dieser ist festgeschrieben, dass bei Privatisierungen die Mieter ein Vorkaufsrecht haben und ihnen zudem die Wohnung zu 15 Prozent unterhalb des Marktpreises angeboten werden muss. Laut der Stadt Dresden ist diese "Andienungspflicht" auch beim Verkauf ganzer Wohnhäuser weiterzugeben, der Käufer muss diese Verpflichtung bei einem eventuellen Weiterverkauf ebenfalls weitergeben. Gegen diese Verpflichtung habe die Gagfah "in einer Vielzahl von Verkaufsverträgen verstoßen."
Unternehmen bestreitet Vorwürfe
Beim Deutschen Mieterbund ist man über diese Entwicklung wenig erstaunt. Bereits beim Verkauf 2006 hatte der Verein vor der Gagfah gewarnt - und letztendlich Recht behalten. Der Finanzinvestor hat sich in den vergangenen Jahren dadurch ausgezeichnet, dass er zur Maximierung seines Gewinns seine Ausgaben für die von ihm erworbenen Objekte drastisch reduziert hat. Entsprechend vernichtend lautet angesichts der neuen Vorwürfe aus Dresden das Urteil von Ulrich Ropertz vom Mieterbund: "Der Gagfah ist alles zuzutrauen."
Bei der Gagfah, das stand früher einmal für "Gemeinnützige Aktien-Gesellschaft für Angestellten-Heimstätten", doch 1988 wurde per Gesetz der Gagfah mit Wirkung zum 1. Januar 1990 die Gemeinnützigkeit aberkannt, sieht man das naturgemäß ganz anders. Man habe ordentlich investiert und stelle "erschwinglichen Wohnraum" zur Verfügung. Zum konkreten Fall äußert sie sich so: "Die Gagfah ist überzeugt, dass sie die Verpflichtungen aus der Sozialcharta und dem Privatisierungsvertrag eingehalten hat." Im fraglichen Zeitraum, also seit 2006, habe der Konzern rund 3 400 Wohnungen für etwa 91 Millionen Euro verkauft. Jeder neue Eigentümer habe sich ebenfalls zum Schutz der Rechte der Mieter verpflichtet.