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Hintergrund Hintergrund: Viel Reue und wenig Stolz

Von MARIANNE QUOIRIN 22.01.2009, 19:22

BOCHUM/MZ. - "Das war der größte Fehlermeines Lebens. Ich bereue mein Fehlverhaltenund werde die Konsequenzen tragen", bekennter und gibt zu verstehen, dass er dieses Kapitelseines Lebens möglichst schnell hinter sichbringen will.

Nur ein einziges Mal lässt der frühere Postcheferkennen, dass er stolz zurückblickt. "Ichhabe hohe Werte geschaffen, von denen derStaat profitiert." Das Lob über seine Leistungenbei der Privatisierung der Post, seine selbstbewusstenAntworten auf Ehrungen bleiben darüber hinausdie einzigen Indizien dafür, dass er nichttotal in Sack und Asche Justitia entgegentritt.

Später, als der Richter fragt, warum er Mitteder 80er Jahre darauf gekommen sei, das Geldnach Liechtenstein zu bringen, obwohl er dieSteuern dafür hätte bezahlen können, antwortetZumwinkel fast gequält: "Diese Frage habeich mir immer wieder gestellt. Ich bin soberaten worden, dass ich einmal versteuertesGeld nicht noch einmal versteuern wollte."Richter Wolfgang Mittrup hakt nach, insistiert,dass ihm doch klar gewesen sein müsse, dassSteuerhinterziehung nicht richtig sei. Erfragt: "Glaubten Sie, dass Sie cleverer sindals andere?" Da sagt Zumwinkel: "Herr Vorsitzender,so war das auch. Das Geld sollte meiner Familiezukommen, ich wollte es nicht noch einmalversteuern."

Richter Mittrup will wissen, warum er nichtspätestens in den 90ern, als das Steuerparadies Luxemburggeschlossen wurde, "das Ganze gestoppt" habeund "zum Steuerberater gegangen" sei. "Ichhabe überlegt, ob ich von der Steuer-AmnestieGebrauch machen sollte", antwortet der Angeklagte,"aber ich hatte Angst vor Indiskretionen -in meiner Position." Wie jedes Strafverfahrenhat auch die Verhandlung gegen Zumwinkel mitder Verlesung des Anklagesatzes begonnen,von der 34-jährigen Staatsanwältin DanielaWolters. Die Anklage wirft Zumwinkel Steuerverkürzungin Höhe von rund 967000 Euro vor.

Wie üblich folgt der Anklage der Lebenslauf:Klaus Zumwinkel, aus der Familie eines Handelsunternehmensmit zehn Warenhäusern und 50 Discountern klassifiziertdie Vermögensverhältnisse daheim als "genügend"(siehe "13 Millionen. . ."). Gelächter erfülltden Saal, als Zumwinkel die Schwerpunkte seinesBetriebswirtschaftsdiploms an der UniversitätMünster nennt: Marketing, Treuhand und Revision.Mit einem Stipendium des Deutschen AkademischenAustauschdienstes geht er für zwei Jahre indie USA, um an einer Business School einenAbschluss im Management zu machen, danachPromotion an der Uni Münster. Von da an ginges bergauf: Erst bei der UnternehmensberatungMcKinsey, ab 1986 beim Versandhaus Quelleund vom 1. Januar 1990 bei der Post.

Draußen vor dem Landgericht haben UnentwegteTransparente in die Kameras gehalten - mitSpottverse, die sich kaum reinem: "Alle Menschensind vor dem Grundgesetz gleich/ Je reicherdesto gleicher". Offenbar denken viele Zuhörerim Saal Ähnliches, wenn man den Kommentarenglauben darf. Der Vorsitzende Richter Mittrupmuss das ahnen, denn er nimmt die Chance war,ein paar Dinge klar zu stellen: "Wir habendieses Verfahren geführt wie jedes andereauch. Sonderbehandlung gibt es nicht - wederin positivem noch negativem Sinne." Und imHinblick auf Berichte, in denen von Absprachenzwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigungdie Rede war, erklärt er knapp: "Absprachenkönnen nur im Prozess getroffen werden." Essei aber selbstverständlich, so betont er,dass man den Verfahrensablauf abspricht, denndas Gericht müsse wissen, ob sich der Angeklagteeinlassen will oder ob zum angeklagten SachverhaltZeugen gehört und vielleicht 30 Verhandlungstageangesetzt werden müssen. Beim AngeklagtenZumwinkel ist das nicht nötig. Am Montag willdas Gericht schon ein Urteil fällen.