Hintergrund Hintergrund: Neues SPD-Programm setzt auf Traditionswerte
Hamburg/dpa. - So wird in dem 38-seitigen Text als SPD-Ziel auch der innerparteilich umstrittene Begriff des demokratischen Sozialismus mehrfach genannt. Schon in der Einleitung wird betont, dass die SPD in dieser «stolzen Tradition» stehe. Diesem Begriff ist auch ein eigenes Kapitel gewidmet: «Der demokratische Sozialismus bleibt für uns die Vision einer freien, gerechten und solidarischen Gesellschaft, deren Verwirklichung für uns dauernde Aufgabe ist», heißt es. Nachträglich aufgenommen wurde auch das Bekenntnis zur «marxistischen Gesellschaftsanalyse» als eine der Wurzeln der SPD - neben Humanismus, Aufklärung, christlicher Ethik und den Erfahrungen der Arbeiterbewegung.
Verankert wurde auch eine von SPD-Linken geforderte scharfe Kapitalismus-Kritik. Der vorsorgende Sozialstaat nach skandinavischem Vorbild als SPD-Leitbild wurde wieder abgeschwächt. Stattdessen wird das Festhalten am herkömmlichen Wohlfahrtsstaat mit verbürgten Sozialleistungen und Rechtsansprüchen wieder stärker betont. Der an Schröder erinnernde Begriff der «solidarischen Mitte» als SPD-Zielgruppe wurde durch «solidarische Mehrheit» ersetzt.
Kernaussagen des neuen Programms sind:
- WIRTSCHAFT/FINANZEN: «Für uns gilt: So viel Markt wie möglich, so viel Regulierung wie nötig.» Mitbestimmung, Tarifautonomie, Streikrecht, der Flächentarifvertrag und starke Gewerkschaften seien unverzichtbar. Notwendig sei eine «gerechte Besteuerung» von großen Vermögen und Erbschaften. Lohnsteigerungen sollen sich «mindestens» an Produktion und Inflation orientieren.
- ARBEIT/SOZIALES: Die Arbeitslosenversicherung soll in eine Arbeitsversicherung umgewandelt werden. Damit sollen auch Erwerbsunterbrechungen und garantierte Weiterbildungszeiten abgesichert werden. Am Ziel der Vollbeschäftigung wird festgehalten. Zudem werden gesetzliche Mindestlöhne verlangt.
- RENTE: Ausdehnung der gesetzlichen Rentenversicherung auf alle Erwerbstätigen. Maßstab für die Rentenhöhe sollen Einkommen und Erwerbsdauer bleiben. Eine Einheitsrente wird abgelehnt.
- BILDUNG: Plädiert wird für ein Schulsystem, in dem Kinder so lange wie möglich zusammenbleiben. Dies sei am besten in einer gemeinsamen Schule bis zur 10. Klasse erreichbar. Zudem soll es eine gebührenfreie Ganztagsbetreuung für alle Kinder von Anfang an geben, ab dem 2. Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf Betreuung. Die SPD ist gegen Studiengebühren.
- INNEN: Auch Nicht-EU-Ausländer sollen das kommunale Wahlrecht erhalten. Eine Mehrstaatlichkeit für eingebürgerte Ausländer wird offen gehalten.
- AUSSEN/SICHERHEIT: Die Vereinten Nationen sollen mit mehr Kompetenzen «oberste Instanz der internationalen Rechtsordnung» werden. Das Vetorecht für einzelne Staaten im Sicherheitsrat sei abzuschaffen. Längerfristig soll es eine europäische Armee geben.
«Wir versprechen niemandem, dass wir eine Welt voller Konflikte und Widersprüche in ein irdisches Paradies verwandeln können. Wir erkennen die Realitäten an. Wir finden uns aber nicht mit den Verhältnissen ab wie sie sind», heißt es im Schlussteil.