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Hintergrund Hintergrund: Gewinner und Verlierer in der Wirtschaft 2008

22.12.2008, 12:41

Hamburg/dpa. - VERLIERER:

- BANKCHEFS: Sie waren Millionen-Bonuszahlungen gewohnt, doch indiesem Jahr setzte die Finanzkrise dem umstrittenen Geldregen einEnde. Stattdessen verloren Bankchefs reihenweise ihre Jobs wie GeorgFunke beim Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate oder Hans Bergerbei der HSH Nordbank oder Ingrid Matthäus-Maier bei der staatseigenenKfW. Bei der Société Générale flog nach dem Skandal umFehlspekulationen der Konzernchef Daniel Bouton. An der Wall-Streetstürzte der Chef der Investmentbank Lehman Brothers, Richard Fuld.

- KLAUS ZUMWINKEL: Der Postchef war über Jahre einer dereinflussreichsten Spitzenmanager Deutschlands. Das endete schlagartigan einem Morgen Mitte Februar. Vorwürfe der Steuerhinterziehung,Razzia in der Kölner Villa vor den Objektiven der Fernsehkameras. DerProzess ist für Januar geplant. Ein um einen Tag verspäteterDurchsuchungsbeschluss sorgte allerdings dafür, dass die Summe derSteuern, deren Hinterziehung dem 65-Jährigen in der Anklagevorgeworfen wird, um rund 200 000 Euro auf knapp eine Million Eurofiel - unter den Richtwert, ab dem nach einemBundesgerichtshof-Urteil in der Regel Gefängnisstrafen ohne Bewährungfällig werden.

- JERRY YANG: Der Yahoo!-Gründer wehrte einen Übernahmeangriff desWindows-Riesen Microsoft ab. Doch damit fingen seine Probleme erstan. Der Aktienkurs stürzte ab und viele Anleger waren unzufrieden,dass ihnen der vom Software-Konzern gebotene Preis entging. EineKooperation mit dem großen Konkurrenten Google scheiterte amWiderstand der Wettbewerbshüter und aus eigener Kraft gelang esYahoo! nicht, das Geschäft in Gang zu bringen. Im November trat Yang(40) als Firmenchef zurück, die Zukunft von Yahoo! ist unklar.

- JÉRÔME KERVIEL: Der 31-jährige Händler bescherte dem französischenBankhaus Société Générale einen Schaden von 4,9 Milliarden Euro.Kerviel spekulierte auf die Entwicklung von Aktienindizes, auch desdeutschen DAX, und umging dabei alle Handelslimits für einen kleinenHändler wie er. Monatelang lief alles gut, doch dann drehte sich derMarkt und Kerviel fand sich plötzlich im Minus wieder. Wie einSpieler versuchte er fieberhaft, mit immer höheren Einsätzen dieVerluste wettzumachen - bis die Spekulationen Ende Januar aufflogen.

- ELIOT SPITZER: Als «Sheriff der Wall Street» hatte sich der NewYorker Staatsanwalt das Image eines Kämpfers für die Gerechtigkeitund gegen die Arroganz des großen Geldes erarbeitet. Das hob Spitzer(49) schließlich ins Amt des Gouverneurs von New York. Doch auf demHöhepunkt seiner Karriere machte er selbst alles zunichte: Im Märzwurde er als Kunde eines Prostituierten-Ringes identifiziert undmusste zurücktreten. An der Wall Street kam Schadenfreude auf - diejedoch bald im Flächenbrand der Finanzkrise unterging.

- ALAN GREENSPAN: Der 82-jährige Notenbanker galt schon als Legende,als Ingenieur der längsten Aufschwungphase in der Geschichte derWirtschaft, doch in der Finanzkrise bröckelte dieser Ruf. Die Politikniedriger Zinsen, durch die Greenspan die US-Wirtschaft mit billigemGeld versorgte und sich immer schneller drehen ließ, galt plötzlichals einer der wichtigsten Auslöser der heutigen Turbulenzen. ImOktober räumte Greenspan schließlich in einer Parlamentsanhörungselbst Fehler ein.

GEWINNER:

- MCDONALD'S: Die weltgrößte Fast-Food-Kette zählte in diesem Jahr zuden wenigen Profiteuren der wirtschaftlichen Turbulenzen. Im drittenQuartal sprang der Gewinn um elf Prozent hoch. Die Lust derVerbraucher, außerhalb zu essen, ist auch in der Wirtschaftskriseungebrochen - aber sie mögen es lieber billiger. Besonders zurJahresmitte, als die Lebensmittelpreise Rekordstände erklommen,bekamen die Fast-Food-Ketten noch mehr Zulauf. Sein Unternehmen sei«rezessionsfest», schwärmte McDonald's-Chef Jim Skinner im Herbst.

- ACER: Der Trend zu günstigen Mini-Notebooks hat dem taiwanesischenComputerhersteller einen rasanten Aufstieg beschert. Allein imdritten Quartal schoss der Absatz um 47,3 Prozent auf gut zehnMillionen Geräte hoch. Acer wurde damit auf einen Schlag die Nummerdrei im weltweiten Computermarkt - und holte den einst weltgrößtenPC-Bauer Dell praktisch ein. Eine andere Frage ist, ob sich sich mitden oft nur 300 Euro teuren Mini-Notebooks wirklich Geld verdienenlässt - viele Konkurrenten bezweifeln dies.

- WARREN BUFFETT: Das «Orakel von Omaha» gilt schon seit Jahrzehntenals die Investoren-Legende schlechthin. Mit einem geschätztenVermögen von rund 60 Milliarden Dollar ist Buffett (78) der reichsteMann der Welt. Zweifler rechnen zwar vor, dass er bei seinerMilliarden-Investition bei Goldman Sachs mitten in der Finanzkriseimmer noch zuviel bezahlte, weil die Aktie weiter fiel. Aber:Insgesamt legten die Finanzaktien im Portfolio von Buffetts HoldingBerkshire Hathaway im krisenhaften dritten Quartal um 36 Prozent zu.

- JOHN THAIN: Man kann darüber streiten, ob der Chef von MerrillLynch fair gespielt hat - aber die Investmentbank hat er gerettet. Andem schicksalhaften Wochenende Mitte September war Thain unter denTopmanagern der Wall Street, die berieten, wie der Konkurrent LehmanBrothers gerettet werden kann. Als aussichtsreichster Retter galt dieBank of America, die aber vergeblich Staatsgarantien forderte. Thainbot der Bank of America stattdessen Merrill zum Kauf an, die deutlichgesünder war. Der Deal stand in 48 Stunden. Lehman ging unter.

- JAPANISCHE BANKEN: Jahrelang waren sie nur mit der eigenen Rettungbeschäftigt, doch in der Krise der Wall Street wurden Japans Bankenauf einmal zu einem Pol der Stabilität. Die Schwäche der großenRivalen aus den USA und Großbritannien nutzten sie für eineEinkaufstour zu Schnäppchenpreisen. So sicherte sich Nomura dasGeschäft der zusammengebrochenen Investmentbank Lehman Brothers inAsien und Europa, Mitsubishi UFJ stieg mit 20 Prozent bei MorganStanley ein und Mizuho baute den Anteil an der Bank of America aus.