Hintergrund: Chemnitz als juristischer Nabel der Bahn-Welt
Chemnitz/dpa. - Die gesamte Bahnwelt schaut an diesem Freitag wieder auf Chemnitz, wo das Sächsische Landesarbeitsgericht über die Rechtmäßigkeit von Streiks der Lokführergewerkschaft GDL entscheidet. Dabei spielt die drittgrößte Stadt in den neuen Bundesländern sonst für die Deutsche Bahn eher eine untergeordnete Rolle.
Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2006 wurde auch die letzte Fernverkehrsverbindung eingestellt.
Als die GDL nach dem Platzen des Vermittlungsverfahrens Anfang Oktober neue Streiks angekündigt hatte, reichte die Bahn postwendend beim Arbeitsgericht Chemnitz Anträge auf Einstweilige Verfügungen gegen die Arbeitsniederlegungen ein. Weitere mögliche Prozessorte wären jene Arbeitsgerichte gewesen, an denen die Bahn schon im Sommer versucht hatte, die Streiks zu verhindern. Die Bahn entschied sich aber allein für Chemnitz, weil sie sich dort die größten Chancen auf einen Erfolg ausrechnete.
Bei einem ersten Eil-Verfahren Anfang August hatte die gleiche Kammer des Arbeitsgerichtes der Bahn vollumfänglich Recht gegeben und Streiks bei der Bahn-Tochter DB RegioNetz Verkehrs GmbH verboten. In einem Beschlussverfahren untersagte das Gericht auch Streiks bei der DB Regio AG. Die Chemnitzer Richter hatten sich für zuständig erklärt, da die beiden Bahngesellschaften Transportdienstleistungen in ihrem Bereich erbringen. Zudem seien an der Meldestelle Chemnitz 54 Lokführer beschäftigt.
Am Verfahren vor dem Arbeitsgericht im Oktober beteiligte sich als neuer dritter Kläger auch der Arbeitgeberverband der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister, zu dem neben den Nahverkehrsgesellschaften auch die Güter- und Fernverkehrstöchter der Bahn sowie die S-Bahn- Gesellschaften in Berlin und Hamburg gehören. Da zumindest ein Teil der vom Arbeitgeberverband vertretenen Unternehmen im Raum Chemnitz Dienste anbieten, ließ das Gericht den Verband als Kläger zu.
Es fällte schließlich ein Urteil, das Streiks lediglich im Nah- und Regionalverkehr erlaubte. Dagegen legten Bahn und GDL Berufung beim Sächsischen Landesarbeitsgericht (LAG) ein. Und das hat seinen Sitz im gleichen Gebäude wie das Chemnitzer Arbeitsgericht. Da es sich um Verfahren zur Feststellung einer Einstweiligen Verfügung handelt, ist das LAG die letzte Instanz. Die Prozessbeteiligten könnten nur noch vor dem Sächsischen Verfassungsgerichtshof oder dem Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde einlegen.