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Hintergrund Hintergrund: Auch im Christentum früher Bildverbot

Von Arno Schütze 06.02.2006, 14:04

Tübingen/dpa. - «Die frühen Christen waren sehr zurückhaltend, bei ihnen gab es nur das Kreuz, oder Symbole wie das Lamm oder den Fisch», sagt Thomas Bremer, der an der Universität Münster über Ostkirche und damit über Ikonen forscht. Später wurden Jesus- und Heiligendarstellungen zur Normalität. Hingegen setzte der Islam nicht nur Gottes- und Heiligendarstellungen auf den Index, sondern ganz allgemein Abbildungen von Menschen und Tieren.

Die Entstehung der bunten Bilderwelt im Christentum war in der Geschichte keineswegs unumstritten. «Im 8. und 9. Jahrhundert gab es den Ikonoklasmus, einen schweren Streit darüber, ob Jesus, der Sohn Gottes, gemalt werden darf», erklärt Bremer. «Es setzte sich die Überzeugung durch, dass Darstellungen von Jesus erlaubt sind, da der Sohn Gottes Mensch geworden ist und Menschen gemalt werden dürfen.»

Diese Menschwerdung Gottes und damit auch der unbefangene Umgang mit der Darstellung Gottes als Jesus in menschlicher Gestalt sei dem Judentum und Islam fremd, erläuterte Prof. Elmar Klinger, der an der Universität Würzburg Fundamentaltheologie und vergleichende Religionswissenschaft lehrt. Spätere Bewegungen wollten zu den Wurzeln zurück. «In der Reformation wurden die Bilder gestürmt im Verdacht, damit werde Gottes Einzigartigkeit in Frage gestellt.» In Glaubensrichtungen wie dem Calvinismus sind noch heute alle Bilder, zum Teil auch Symbole tabu.

Aus Sicht der Kirche waren Bilder vor der Alphabetisierung der Bevölkerung eines der effektivsten Mittel, der nicht lesekundigen Bevölkerung das Evangelium nahe zu bringen. Christen sollen Statuen und Bilder zwar mit Interesse betrachten, sie aber nicht anbeten. «Dass diese Grenze in der Volksfrömmigkeit verwischt, war den Verantwortlichen klar und wurde in Kauf genommen», sagt der Tübinger Religionswissenschaftler Günter Kehrer. «In der Renaissance kommen dann sogar Darstellungen von Gott selbst auf - das war aber immer problematisch.»

Orthodoxe Christen haben noch heute ein anderes Verhältnis zu Bildern, für sie sind Christus- und Heiligenbilder Gegenstand der Verehrung. «Gläubige stellen sich die Gegenwart des Abgebildeten als real vor, ähnlich wie wir das Foto eines lieben Menschen mit uns tragen, um dadurch seine Nähe zu spüren», erklärt Bremer.

Christliche Bilderfrömmigkeit bleibt unabhängig von ihrer Ausprägung aber etwas völlig anderes als die kultische Verehrung von Statuen im Hinduismus. «Da werden Kultbilder geweckt, gewaschen, angezogen, gefüttert - da ist das Kultbild Gott selbst», sagt Kehrer. Im Buddhismus war die Darstellung des Religionsstifters zwar anfangs nicht erwünscht, Buddha wurde etwa als Rad dargestellt. Später kamen dann aber die bekannten Statuen von Buddha auf.

Im Judentum und dem Islam hat sich bis heute die strikte Ablehnung der Darstellung Gottes bis in die Gegenwart gehalten - auch mit dem Ziel, sich vom Christentum abzugrenzen. Mohammed zu zeichnen ist für Moslems ein schweres Sakrileg. Denn das allgemeine Verbot der Darstellung von Menschen gilt besonders für den wichtigsten Menschen des Islams, den Propheten, der die Worte Gottes aufschrieb. «Für Christen würde etwa die Schändung einer Hostie als sehr schwere Sünde gelten, denn für Katholiken ist sie Leib und Blut Christi», sagt Bremer. Aus religiöser Sicht wäre dies möglicherweise schwerwiegender als eine Mohammeddarstellung. «Hostienschändung ist eine Sünde, die nie vergeben werden kann, für sie gibt es ewiges Fegefeuer», sagt Kehrer. «Dagegen ist Gott im Islam barmherzig, es gibt nichts, was nicht verziehen werden könnte.»