Heinz-Horst Deichmann Heinz-Horst Deichmann: «Wirtschaft darf nicht nutzlos sein»

Essen/dpa. - Am 30. September feiert er seinen 80. Geburtstag.
Feiern will Deichmann seinen runden Geburtstag zu Hause, wie ersagt. In seiner Villa in Velbert, südlich von Essen, ist er jedoch sonst erstaunlich wenig. Der umtriebige Deichmann ist nach wie vor gut sechs Monate im Jahr unterwegs - sowohl für das Unternehmen als auch sein soziales Engagement. Er gibt jährlich viele Millionen Euro für christlich-missionarische Projekte. Unter anderem hat er das Sozialwerk «Wort und Tat» gegründet, von dem zehntausende Menschen beispielsweise in Indien durch den Bau von Schulen und Krankenstationen profitieren.
Deichmann, der als Hobbys Bergsteigen, Skilaufen und Geigenspielangibt, ist studierter Chirurg und Orthopäde. Firmenintern wird er deshalb meist nur «der Doktor» genannt.
Die Deichmanns gehören seit mehreren Generationen einerevangelischen Freikirche mit allgemeinem Priestertum an. AuchHeinz-Horst Deichmann predigt regelmäßig. Er kam 1926 als einziger Sohn und fünftes Kind des Schuhhändlers Heinrich Deichmann zur Welt. Den Vornamen seines Vaters gab er später zusammen mit seiner Frau Ruth auch seinem - neben drei Töchtern - einzigen Sohn, der seit 1999 Vorsitzender der Geschäftsführung ist und das Tagesgeschäft verantwortet.
Nach dem frühen Tod des Vaters führte zunächst die Mutter desheutigen Senior-Chefs das Geschäft im Essener Stadtteil Borbeck.Heinz-Horst besuchte die Oberschule, musste im Krieg ein Notabiturablegen und wurde 1943 als Flakhelfer eingezogen. «Wir hatten Abscheuvor den Nazis und der SS», sagt Deichmann. 1944 musste er an dieOstfront. Im Frühjahr darauf wurde er mit einem Halsdurchschussschwer verwundet.
Zum Kriegsende kehrte er nach Essen zurück, holte dasreguläre Abitur nach und studierte Theologie und Medizin. Danebenbehielt er jedoch auch das elterliche Schuhgeschäft im Auge, das erdann Mitte der 50er Jahre übernahm.
Der erste Wühltisch hielt bald Einzug bei Deichmann. Zudempräsentierte der findige Unternehmer sein Sortiment gut sichtbar aufso genannten Vorwahlständern. Neuartig war auch die Idee Deichmanns,Kundenwünsche systematisch zu erfassen und das Schuh-Sortiment inalltagsnahe Gruppen zu unterteilen, die bei seiner Einkaufspolitikhalfen. Das Deichmann-Konzept lautete bereits früh, breitenKäuferschichten gute Schuhe zu einem günstigen Preis anbieten zuwollen. Anfang der 70er Jahre begann das Engagement im Ausland. Heutehat Deichmann mit diversen Firmentöchtern mehr als 2000 Filialen inrund einem Dutzend Ländern.
Deichmann ist mit dem ehemaligen Bundespräsident und langjährigenMinisterpräsident Nordrhein-Westfalens, Johannes Rau, gut bekanntgewesen. «Freundschaft würde ich es nicht nennen, aber er war dereinzige Politiker, mit dem ich persönlich mehr zu tun hatte.»
Der im Januar gestorbene Rau sagte einmal über Deichmann: «DiesenMann bewegt der geschäftliche Erfolg, diesen Mann bewegt, dass dasnicht nutzlos sein darf, was man wirtschaftlich unternimmt.» So stehtes auch in einem Buch über das Leben von Heinz-Horst Deichmann, dasrechtzeitig zum 80. Geburtstag vor ein paar Tagen erschien. Deichmannselbst sagt: «Was Gott mir an Gaben und Geschäften gegebenhat, ist mir zu Diensten für andere anvertraut.»
Buchtipp:
Andreas Malessa/Hanna Schott:
Warum sind Sie reich, Herr Deichmann?
Verlag R. Brockhaus, Witten
160 Seiten, Euro 12,90, ISBN 3-417-24953-8