Handel Handel: Öffentlichkeitsscheuer Theo Albrecht wird 85

Essen/dpa. - Sogar der genaue Geburtstag des Mannes, der zusammen mit seinemälteren Bruder Karl mit einem geschätzten Vermögen von jeweils mehrals 16 Milliarden Euro an der Spitze der Liste der reichstenDeutschen steht, ist unbekannt. Einige Biografen nennen den 13. März,andere Quellen sprechen vom 28. März. Sicher ist nur, dass derDiscount-Patriarch in diesen Tagen seinen 85. Geburtstag feiert,selbstverständlich im engsten Familienkreis und streng abgeschirmtvon der Öffentlichkeit.
Selbst der Geburtsort des extrem öffentlichkeitsscheuenUnternehmers gilt als gut gehütetes Geheimnis. Gute Chancen dürftedie Reviermetropole Essen haben, in der er im BergarbeitervorortSchonnebeck in bescheidenen Verhältnissen seine Jugend verbrachte.1946 übernahmen die Brüder den Lebensmittelladen der Mutter, die sichdamit ein kleines Zubrot verdiente. Da der Vater wegen einerStaublunge nicht mehr als Bergmann arbeiten konnte und nur nochschlecht verdiente, war die Familie auf den Laden angewiesen.
Aus dem Laden wurde im Nachkriegsdeutschland schon bald einekleine Kette. Den Aufstieg schafften die Brüder jedoch mit einerschlichten Idee, die den Einzelhandel bis heute prägt. 1962 wurde dererste Aldi-Markt (Albrecht-Discount) in Dortmund eröffnet, nachdemdie Brüder ihr gemeinsam aufgebautes Ladennetz zuvor in zwei Teilegetrennt hatten.
Kompromisslos verschrieben sich beide dem bis dahin unbekanntenDiscount-Prinzip und arbeiteten weiterhin eng zusammen. Stattaufwendiger Dekorationen und teurer Markenprodukte setzen sie aufbillige Holzregale und ein eingeschränktes Sortiment mit günstigenPreisen. Knapp zehn Jahre später überzog Aldi bereits rund 300deutsche Städte mit einem Netz von 600 Filialen.
1971 wurde Theo Albrecht zum Opfer eines spektakulärenEntführungsfalls. Erst nach 17 Tagen und nach der Zahlung einesLösegelds von sieben Millionen Mark wurde der Unternehmen wiederfreigelassen. Wenige Jahre später erregte der seit der Entführungnoch zurückgezogener lebende Unternehmer Aufsehen, als er vor demDüsseldorfer Finanzgericht die volle steuerliche Absetzbarkeit seinermateriellen Entführungsschäden einklagte.
Mit einem geschätzten Umsatz von weltweit 38,1 Milliarden Euro undrund 7800 Filialen zählt Aldi heute zu den größtenHandelsunternehmen. In Deutschland belegt der Discounter, dermittlerweile einen Generationswechsel vollzogen hat, den fünftenRang.
Bereits in den 70er Jahren hatte die Kette eine Auslandsexpansiongestartet, die sie neben mehreren europäischen Ländern unter anderemauch in die USA und nach Australien führte. Erst in diesem Jahrwagten sich die Brüder mit dem Angebot von Billig-Reisen auf einvöllig neues Geschäftsfeld.
Bei den Werbeausgaben haben die sparsamen Brüder jedochmittlerweile ihre strengen Prinzipien über Bord geworfen. Mitganzseitigen Anzeigen versuchen sie derzeit allwöchentlich nebenLebensmitteln auch Haushaltsgegenstände und Elektronik-Artikel ingroßen Stückzahlen an den Kunden zu bringen.
Ihren Werbefeldzug sollen sich die Brüder im vergangenen Jahr rund283 Millionen Euro haben kosten lassen. Überholt wurden sie dabeiallerdings vom Dauer-Konkurrenten Lidl, bei dem die Werbeausgaben mit354 Millionen Euro zu Buche geschlagen haben sollen. Der Erfolg kannsich sehen lassen: Fast jede Familie in Deutschland kauft nach denEnde 2006 vorgelegten Ergebnissen einer Marktforschungsstudie beiAldi ein und schiebt im Durchschnitt einmal in der Woche denEinkaufswagen durch die schlichten Aldi-Regalreihen.