Guttenberg folgt Glos als Wirtschaftsminister
Berlin/dpa. - Als jüngster Bundeswirtschaftsminister soll der bisherige CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg dem Amt mehr Gewicht geben - und der Union im Wahljahr mehr Profil. CSU-Chef Horst Seehofer stellte den 37-Jährigen am Montag in München als Nachfolger von Michael Glos vor.
Mit seinem überraschenden Rückzug mitten in der Konjunkturkrise hatte Glos Seehofer und die ganze Union zwei Tage lang ins Chaos gestürzt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sicherte Guttenberg ihre «volle Unterstützung» zu. Er wird an diesem Dienstag von Bundespräsident Horst Köhler ernannt. Die Opposition kritisierte die Entscheidung für den vor allem außenpolitisch profilierten Guttenberg scharf.
«Das waren unschöne eineinhalb Tage», räumte Seehofer ein. Glos hatte am Samstag per Fax an Seehofer überraschend um Entlassung gebeten. Seehofer wies dies zunächst zurück, dann wurde hektisch nach einem Nachfolger gesucht. Merkel betonte, Seehofer und sie hätten die «völlig übereinstimmende Einschätzung» gehabt, dass ein Neuanfang nötig gewesen sei. Merkel lobte Guttenbergs internationale Erfahrung, die ihm zugute kommen werde. «Ich bin davon überzeugt, dass er seine Arbeit exzellent machen wird.» Zugleich bedauerte sie den Rücktritt von Glos und dankte ihm für dessen Arbeit.
Als CSU-Generalsekretär soll auf Guttenberg der oberbayerische Bundestagsabgeordnete Alexander Dobrindt (38) folgen. Er bekommt eine stellvertretende Generalsekretärin zur Seite: seine unterfränkische Kollegin Dorothee Bär (30).
SPD-Chef Franz Müntefering sprach von einem Rücktritt in einer «unwürdigen Weise». In einer solchen Zeit müsse man dem eigenen Wirtschaftsminister «den Rücken stärken und darf ihm nicht hinterrücks die Stuhlbeine absägen». FDP-Chef Guido Westerwelle beklagte: «Das Durcheinander ist schlecht für unser Land.» Sein Generalsekretär Dirk Niebel kritisierte, gerade wegen der Krise gehe es um Kompetenz und nicht um CSU-interne regionale Herkunft. Grünen- Spitzenkandidat Jürgen Trittin monierte: «Wir haben jetzt eine Situation, wo man sozusagen in den Personen der Wirtschaftsminister von der Schlafpille zum Azubi übergeht.» Linke-Vize Klaus Ernst warf der Koalition vor, Personalquerelen gingen vor Fachkompetenz.
Bayerns Ministerpräsident Seehofer räumte ein, dass er von Glos' überraschendem Rückzug am Wochenende kalt erwischt worden sei. Er sei spät informiert worden, Glos' Fax sei während seiner Abwesenheit an seine Privatadresse gegangen. Er sprach von einer «unerfreulichen Entwicklung». Seehofer sagte aber: «Ich habe nicht den geringsten Groll.» Der CSU-Chef sprach von einer «gigantischen Aufgabe» für den neuen Minister und lobte dessen gute internationale Beziehungen und Sprachkenntnis. Er werde ein «guter Anwalt der Wirtschaftsinteressen» sein. Seehofer sieht Guttenberg aber nicht automatisch bei einem Unionserfolg zur Bundestagswahl weiter in dem Amt.
Guttenberg sagte, für die Krise gebe es kein Lehrbuch. Er bekannte sich zur Sozialen Marktwirtschaft und lehnte ein «Übergewicht des Staates» ab. Der 37-Jährige, der erst vor rund 100 Tagen CSU- Generalsekretär geworden war, hat als Gesellschafter eines Familienunternehmens auch Erfahrungen in der Wirtschaft gesammelt.
Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) hofft mit dem künftigen Minister auf mehr Profil für die Union. «Ich glaube, dass er die größte Chance hat, dem Amt mehr Glaubwürdigkeit zu geben», sagte Bosbach der Deutschen Presse-Agentur dpa. Forsa-Chef Manfred Güllner sprach in der «Südwestpresse» (Dienstag) von Glos als «einem der gravierenden Schwachpunkte der großen Koalition». Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt zeigte sich zuversichtlich, dass Guttenberg die Anliegen der Wirtschaft durchsetzen werde.
Als neuer CSU-Generalsekretär will Dobrindt den Dialog mit Parteibasis und Bevölkerung forcieren. «Das Codewort für die Zukunft heißt Bürgerbeteiligung in hohem Maße», sagte der bisherige Wirtschafts- und Forschungspolitiker. Er will den Dialog mit den Grünen erweitern, sagte er der «Financial Times Deutschland» (Dienstag).