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Getränkeproduzent Getränkeproduzent: Vom Werbe-Logo zum Nationalsymbol

15.08.2007, 07:02
Ein Osborne-Stier, das Markenzeichen von Andalusien und ganz Spanien, steht auf einem Hügel bei Jerez de la Frontera. (Foto: dpa)
Ein Osborne-Stier, das Markenzeichen von Andalusien und ganz Spanien, steht auf einem Hügel bei Jerez de la Frontera. (Foto: dpa) dpa

Madrid/dpa. - Er dürfte der berühmteste Stier der Welt sein.Dabei ist der Osborne-Stier in Wirklichkeit gar kein Tier aus Fleischund Blut, sondern nur eine Silhouette. Diese war geschaffen worden,um für den spanischen Brandy-, Sherry- und Weinhersteller OsborneReklame zu machen. Der mächtige schwarze Stier, der kürzlich 50 Jahrealt wurde, ist aber längst mehr als eine Werbefigur oder einMarkenzeichen.

«El toro de Osborne» wurde zu einem Wahrzeichen und nationalenSymbol Spaniens. Er ist so spanisch wie der Flamenco oder die Paella.Tausende von Spanier haben den Stier anstelle des «E» für «España»als nationales Kennzeichen auf die Hecks ihrer Autos geklebt. InFußballstadien schwenken die Fans spanische Nationalflaggen, diestatt des Wappens und der Krone den Osborne-Stier tragen. Und in denSouvenirgeschäften gehören Stierfiguren zu den beliebtesten Andenken,die Urlauber sich aus Spanien mitbringen.

An Autobahnen- und Fernstraßen ragen an etwa 90 Stellen inverschiedenen Gegenden Spaniens stählerne Stier-Silhouetten 14 Meterhoch in die Landschaft. Ein Osborne-Stier diente auch als Kulisse füreinen der berühmtesten Filmküsse der spanischen Kinogeschichte.Im Streifen «Jamón, Jamón» (Lust auf Fleisch/1992) verführte JavierBardem unter den deutlich sichtbaren Hoden einer Stierfigur diedamals noch blutjunge Penélope Cruz.

Allerdings ist der Osborne-Stier längst nicht in allen TeilenSpaniens in gleicher Form beliebt. In Regionen wie Katalonien, demBaskenland oder Galicien, die auf ihre Eigenständigkeit bedacht sind,sehen viele Menschen in dem schwarzen Stier das Symbol einesaggressiven und zentralistischen Spaniens.

In Katalonien stand bis vor kurzem überhaupt kein Osborne-Stier amStraßenrand. In diesem Sommer startete das Unternehmen einen neuenVersuch und ließ an der Autobahn Madrid-Barcelona eine Figuraufstellen. Der Stier hielt sich jedoch nur eine Woche auf denBeinen. Dann brachte eine Gruppe von Separatisten die Konstruktionzum Einsturz. Die Bewohner des nahe gelegenen Dorfes El Brucverurteilten den Vandalismus, machten aber aus ihrer Schadenfreundekeinen Hehl. «Der Stier hat hier nichts zu suchen», sagte einer vonihnen der Zeitung «El Periódico de Catalunya». «Er ist eindeutig einantikatalanisches Symbol.»

Der Osborne-Stier war 1956, in der finsteren Zeit der Franco-Diktatur, vom Werbedesigner Manolo Prieto entworfen worden. 1957wurde mit der Aufstellung der Figuren begonnen. Diese waren damalsnoch aus Holz und anfangs nur vier Meter hoch. Die Werbetafeln wurdenim Laufe der Zeit immer schwerer und größer. Heute sind sie ausStahlplatten gefertigt, die von Nieten zusammengehalten werden. MitStützpfeilern und Betonsockeln wiegen sie 50 Tonnen.

Anfang der 90er Jahre drohte dem Stier der Todesstoß. Diespanische Regierung hatte in einer neuen Straßenverkehrsordnungverfügt, dass von den Autobahnen und Fernstraßen alle Werbetafeln zuverschwinden haben. Dies sollte auch für die Osborne-Stiere gelten.Eine Protestkampagne «Rettet den Stier» brachte die Politiker jedochzum Einlenken. Die großen Parteien schlugen vor, die Werbetafeln als«nationales Kulturgut» einzustufen. Der Oberste Gerichtshof entschiedschließlich, dass die Stiere «einen Teil der spanischen Landschaftbilden» und stehen bleiben durften.