Getränke Getränke: Traditionsbrauerei Kindl in Berlin-Neukölln macht dicht

Berlin/dpa. - Die Aufgabe eines Standorts war erwartet worden, seit dieRadeberger-Gruppe (Kindl) im vergangenen Jahr die Brau und Brunnen AG(Schultheiss) übernommen hatte. Beide gehören zum LebensmittelkonzernDr. Oetker, der auch Deutschlands größter Bierabfüller ist. Kallmeyerverwies darauf, dass der Konzern rund 20 Millionen Euro in denStandort Hohenschönhausen investieren werde. Allein mit dem Wegfallder 160 Stellen seien aber Einsparungen von 5,6 Millionen Euro imJahr verbunden. Die Marke Kindl soll auf jeden Fall erhalten bleiben.
Die künftige Nutzung des Brauereigeländes in Neukölln ist nachKallmeyers Angaben noch nicht geklärt. Einen Verkauf an Billig-Bier-Anbieter schloss der Manager aus. Oetker werde zunächst versuchen,das Gelände alleine zu nutzen. Möglich seien beispielsweise dieNutzung als Werbemittellager oder eine Nutzung für Logistikzwecke.
Im vergangenen Jahr wurden bei Kindl in Neukölln rund 900 000Hektoliter Bier abgefüllt, rund sechs Prozent weniger als im Vorjahr.Dazu gehörten neben Berliner Kindl auch Marken wie Rex Pils,Bärenpils, Märkischer Landsmann und Rixdorfer. Die Kindl-Geschichtereicht bis zum 1. Februar 1872 zurück, als auf den Tag genau vor 133Jahren die Vereinsbrauerei Berliner Gastwirthe zu Berlin gegründetwurde. Vor dem Zweiten Weltkrieg gehörte Kindl zu den größtendeutschen Brauhäusern. Nach dem Krieg und der deutschen Teilungfanden die Neuköllner aber nie mehr zu einstiger Größe zurück.
Der Kindl-Betriebsratsvorsitzende Detlef Wolff äußerte sichoptimistisch, dass über Hilfsmittel wie Altersteilzeit und Kurzarbeitbetriebsbedingte Kündigungen vermieden werden können. Die Belegschaftsei von der Schließung nicht mehr überrascht worden. «Jeder wollteendlich wissen, woran er ist. Jetzt ist es wenigstens raus», sagteWolff der dpa.
Dagegen nahm der Bezirksbürgermeister von Neukölln, HeinzBuschkowsky, die Nachricht von der geplanten Schließung mit heftigerKritik auf. «Das ist, als ob sie das Rathaus abreißen», sagte derSPD-Politiker der dpa. «Wenn das Bier in Hohenschönhausen gebrautwird, steht Kindl drauf, aber es wird nicht mehr Kindl drin sein.»Mit der Schließung entstehe eine fünf Hektar große Industriebrachemitten in der Stadt. Dabei liege die Arbeitslosenquote dort heuteschon bei mehr als 40 Prozent.
Außer der Kindl-Brauerei will Dr. Oetker auch die DortmunderBrauerei Brinkhoff im kommenden Jahr dicht machen. Dort soll derBraubetrieb in die andere Dortmunder Oetker-Brauerei DAB verlagertwerden. In Dortmund sollen 115 Stellen wegfallen. Auch hier sollenbetriebsbedingte Kündigungen möglichst vermieden werden. In denvergangenen Wochen hatte es dazu bereits Gespräche zwischen demOetker-Vorstand und Arbeitnehmervertretern gegeben. Die Belegschaftder vier Brauereien wurde am Dienstag in Versammlungen informiert.