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Geschichte Geschichte: 40 Jahre Erbverzicht des letzten Krupp

Von Gregor Tholl 13.09.2006, 08:25
Ein Stahlarbeiter betrachtet in einer Gießwalzanlage von ThyssenKrupp in Duisburg ein rotglühendes Stahlband. (Foto: dpa)
Ein Stahlarbeiter betrachtet in einer Gießwalzanlage von ThyssenKrupp in Duisburg ein rotglühendes Stahlband. (Foto: dpa) dpa

Essen/dpa. - Die nachdem Verzicht entstandene Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung ist heute noch größter Anteilseigner am inzwischen zuThyssenKrupp gewachsenen Konzern. Die Krupp-Stiftung verteilt viel Geld für gemeinnützige Zwecke. Erst vor wenigen Wochen überraschtesie mit ihrer Entscheidung, der Stadt Essen ein neues Gebäude für dasFolkwang Museum zu bezahlen.

Der Letzte der Krupp-Dynastie, Arndt von Bohlen und Halbach, deram 20. September 1966 endgültig seinen Erbverzicht beurkundete,machte zeit seines Lebens mehr von sich als Jet-Setter reden denn alsNachfolger eines Wirtschaftsimperiums. Er starb vor 20 Jahren imAlter von nur 48 Jahren.

Die Idee, das gewaltige Krupp-Vermögen in eine Stiftungeinzubringen, hatte sein Vater Alfried Krupp von Bohlen und Halbach,als er sah, dass sein einziger Sohn nicht gewillt war, die Firma zuübernehmen. Wie der Historiker Lothar Gall über die Krupp-Dynastieschrieb, misstraute Alfried, wie schon sein Urgroßvater Alfred,anonymen Kapitalgebern. Er wollte also mit der StiftungFamilientradition und Vermögen retten, ohne auf würdige Nachfahrenvertrauen zu müssen.

Berthold Beitz, der am 26. September 93 Jahre alt wird und nochheute Vorsitzender des Krupp-Stiftungs-Kuratoriums ist, war von 1953bis zum Tod von Alfried Krupp von Bohlen und Halbach 1967 dessenGeneralbevollmächtigter und engster Berater. Beitz, der sich alsväterlicher Freund Arndts unbedingtes Vertrauen erworben hatte,spielte nach Angaben des Historikers Gall eine zentrale Rolle beimVerzicht des Sohnes auf das Erbe von mindestens 2,5 Milliarden DM. Esbrauchte jedoch «mehrere Anläufe», um Arndt zum Verzicht zu bewegenund den Beginn der Stiftung zu besiegeln.

Mit einer jährlichen Abfindung von zwei Millionen DM begann der29-jährige Arndt ein Schickeria-Leben. Mehr als 70 Angestelltekümmerten sich um seine Wünsche. «Reichster Frührentner Deutschlands»nannten ihn die Boulevard-Zeitungen. Er pendelte zwischen seinenWohnungen und Villen beispielsweise in Marokko, Palm Beach, Sylt oderMünchen.

1969 heiratete er Henriette Prinzessin von Auersperg, «obwohl alleWelt wusste, dass der Bräutigam homosexuell war», heißt es bei seinemBiografen, dem Journalist Hanns-Bruno Kammertöns («Der letzteKrupp»).

Bereits vor seiner Geburt am 28. Januar 1938 hatte Arndt vonBohlen und Halbach für Wirbel im Hause Krupp gesorgt. Er warunehelich gezeugt worden. Gegen den Widerstand seiner Elternheiratete Alfried schnell Arndts Mutter, nachdem ihre Schwangerschaftbekannt geworden war. Die Mutter von Alfried Krupp drängte jedochbald auf eine Trennung. Die Ehe wurde wieder geschieden. Den Kriegüberstanden Arndt und seine Mutter auf einem westfälischen Bauernhof.

In den Nachkriegsjahren wurde der Krupp-Konzern für denWiederaufbau der deutschen Schwerindustrie gebraucht. Zwar warAlfried Krupp von Bohlen und Halbach in den NürnbergerKriegsverbrecher-Prozessen verurteilt worden - wegen Plünderung undAneignung fremden Eigentums in den von den Nazis besetzten Gebieten.Doch kam er nach 30 Monaten wieder frei. Er stattete seine Ex-Fraumit einer Appanage aus und wollte den einzigen Sohn nach seinenVorstellungen formen.

«Hart und unempfindlich sollte ich werden. Ich kam in einInternat, und zwar bei Landsberg, wo mein Vater in Haft gewesen war.Die Schulkinder nannten mich da nur den Kriegsverbrechersohn»,erinnerte sich Arndt später. Er wurde von Internat zu Internatgereicht. Er sollte später Betriebswirtschaft studieren und würdigwerden, das Krupp-Imperium in fünfter Generation zu übernehmen. Eskam anders.