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Geplantes Aus für Instandhaltungswerke Geplantes Aus für Instandhaltungswerke: Warnstreiks gegen Schließungspläne der Bahn

27.06.2001, 12:48

Leipzig/Chemnitz/dpa. -    Vor dem Werkstor des Chemnitzer Betriebes protestierten rund 600Mitarbeiter lautstark mit Pfiffen und Buh-Rufen. Sterbe das Werk,würden zahllose weitere Betriebe der Region in Mitleidenschaftgezogen, betonten Gewerkschaftsvertreter. Sie forderten Konzepte zurSanierung. Eine Schließung werde keinesfalls akzeptiert.

   Betriebsratsvorsitzender Jürgen Lehmann bezeichnete Behauptungender Bahn, moderne Fahrzeuge benötigten kaum noch Wartung, alsunsinnig und kurzsichtig. Spätestens nach 2005 stünden umfangreicheGeneralüberholungen an, nur fehlten dann die Kapazitäten. Zubefürchten sei deshalb, dass die Bahn künftig Reparaturleistungen anFremdfirmen vergeben könnte, was bisher immer bestritten worden sei.Mit Spott und Hohn reagierten die Demonstranten auf den Hinweise vonBahn-Personalchef für Technische Instandhaltung, Bernd Sülz, in derChemnitzer Region gebe es 900 Arbeitsplätze für freiwerdendeBahnmitarbeiter.

   In Delitzsch beteiligte sich nach Gewerkschaftsangaben die gesamteBelegschaft von rund 630 Mann an einem Protestmarsch vom Werk zumMarktplatz. Die Argumente der Bahn seien nicht nachvollziehbar, dadas Werk in Delitzsch nicht unter Auftragsmangel leide, sagte derTransnet-Sekretär für den Nahverkehr in Sachsen, Sachsen-Anhalt undThüringen, Matthias Altmann, der dpa. «Die Stimmung unter derBelegschaft schwankt zwischen Zorn und Enttäuschung.»

   Die Entscheidung sei «wie aus heiterem Himmel» gekommen, weil demDelitzscher Betrieb noch vor einigen Monaten von der Bahn guteZukunftsaussichten bescheinigt worden seien, betonte Altmann. Er warfder Bahn vor, Alternativen zu wenig geprüft zu haben. Wenn diePolitik genügend Druck mache, sehe er durchaus die Chance, die eineoder andere Schließung abzuwenden, sagte der Gewerkschafter. «EineGarantie gibt es dafür aber nicht.»

   In Leipzig-Engelsdorf gehe es um den Erhalt eines der letztenernst zu nehmenden Industriebe der Stadt, sagte der Vizechef derPDS-Landtagsfraktion, Steffen Tippach. «Was jetzt gebrauchtwird, sind nicht Betroffenheitserklärungen, sondern endlich handelndePolitiker, die der Bahn ihre Verantwortung klarmachen.»

   Die IG Metall und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststättenwarfen der Bahn Kahlschlagpolitik vor. Dass ein bundeseigenesUnternehmen das betreibe, sei ein «gesellschaftspolitischer Skandal».Die Entscheidung gegen Delitzsch und Leipzig-Engelsdorf sei für dieRegion eine struktur- und arbeitsmarktpolitische Katastrophe.

   Der Vorstand der Deutschen Bahn hatte am Dienstag die Schließungvon bundesweit acht Instandhaltungswerken beschlossen. DieBahn will mehrere Milliarden Mark in neue Fahrzeuge investieren, dieweniger Wartung erfordern. Nach den Plänen der Bahn soll das Werk inLeipzig-Engelsdorf schon zum Jahresende geschlossen werden.

   Die Standorte Delitzsch und Chemnitz mit 630 und 910 Beschäftigtensollen Ende 2002 schließen. Das Werk in Zwickau mit 550 Mitarbeiternwill die Bahn im Jahr 2003 aufgeben. Ministerpräsident KurtBiedenkopf und Verkehrsminister Kajo Schommer (beide CDU) hatten dieBahnpläne als nicht hinnehmbar und nicht nachvollziehbar kritisiert.